Frage an Inge Gräßle von Jakobine E. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Guten Tag, was tun Sie gegen die Agrar-Subventionen und die Massentierhaltung um dadurch u.a. den Welthunger zu beenden?
Die Industriestaaten, mit hohen Bevölkerungsdichten, bringen ihre Lebensmittel in weniger besiedelte Gebiete, dadurch wird die regionale ökologische Landwirtschaft weltweit zerstört.
Folgen der Agrar-Subventionen: Milchseen, Butterberge, Fleischlager, Überdüngung, Fleischskandale, verseuchtes Tierfutter, Tierquälerei, Seuchen, hungernde Bauern, usw.
Der Aufkauf und die Lagerhaltung der EU von Lebensmitteln ist ein Instrument des Überschuss- und Exportmanagements von Massenprodukten.
Der Irrglaube die Massentierhaltung sei notwendig wird von denjenigen, die davon profitieren erfolgreich propagiert.
Die Umkehr in der Agrarpolitik ist notwendig für eine umwelt- und tierschutzgerechte Landwirtschaft, dies ist wissenschaftlich seit Jahren bewiesen. Regionale Lebensmittelversorgung ist weltweit möglich und sichert vielen eine Existenzgrundlage.
Dauerhafte Proteste der Bevölkerung werden von den Regierungen ignoriert, aus egoistischen und profitsüchtigen Interessen.
Die Massentierhaltung,
1. bereitet den Tieren ein Leben voller Schmerz und Leiden, das ist gesetzeswidrig.
2. ist ein Brutkasten für Krankheitserreger,
3. bringt Antibiotika in unsere Lebensmittel,
4. verschwendet Steuergelder unter anderem durch Flächen- Betriebsprämien, Export- und Überschussmanagement,
5. zerstört die Existenzgrundlage von ökologisch wirtschaftenden Bauer,
6. tötet viele Tiere in den Mastställen und beim Transport der teils tausende Kilometer beinhaltet.
7. Durch die hohen Subventionen für den Export, durch Tier- und Sonderprämien, ist es den Betreiber der Massentierhaltung egal ob die Tiere lebendig ankommen oder in welchem Zustand sie sich befinden, denn für ihn lohnt sich das Geschäft vor dem Verkauf der Tiere.
8. Die Gesetze der EU und OECD begünstigen die Agrarfabriken, dadurch hat sich der Welthunger in den letzten Jahren verdreifacht, die Weltbevölkerung nicht.
Sehr geehrte Frau Engel,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de bezüglich des Themas "Land- und Forstwirtschaft".
Die von Ihnen angesprochenen "Milchseen" oder "Butterberge" sind Schreckensbilder, die zwar bis in die heutige Zeit hinein wirken, jedoch längst keine Wirklichkeit mehr sind.
Die Europäische Union nimmt dieses Thema sehr ernst: So wurden die Exporterstattungen von der Europäischen Union in den vergangenen Jahren massiv abgebaut. Im Jahre 1993 betrug der Anteil an Ausfuhrerstattungen noch 29,5%, dieser ging um 28,3% zurück und betrug im Jahr 2009 nur noch 1,2%. Größtenteils kann die europäische Agrarförderung schon heute in die WTO-Kategorie "nicht handelsverzerrend" eingeordnet werden. Nach vollständiger Umsetzung der Gesundheitscheck-Reform werden über 90% der EU-Direktzahlungen von der Produktion entkoppelt sein. Außerdem ist die Europäische Union weltgrößter Importeur von Agrarprodukten aus Entwicklungsländern. Die Gründe hierfür liegen vor allem im Wirtschaftspartnerschaftsabkommen und im Allgemeinen Zollpräferenzsystem (APS), welches die Entwicklungsländer unterstützt, um vom internationalen Handel profitieren zu können. Zudem hat sich die EU entsprechend dem Ausgang der Doha-Runde zur Beseitigung ihrer Exportsubventionen, welche bislang den Preisunterschied zwischen einem niedrigen Weltmarkt- und dem höheren EU-Binnenmarktpreis ausgleichen sollten, verpflichtet. In unmittelbarer Folge werden die Exporterstattungen weiter sinken, bis sie 2013 schließlich ganz wegfallen sollen. Hier zeigt ein Blick auf die jüngere Geschichte, dass es eine kontinuierliche Entwicklung in die richtige Richtung gegeben hat
Dennoch sage ich hier auch ganz deutlich: Die Aufgabe der Europäischen Union in der Agrarpolitik ist primär die Sicherung der Lebensmittelversorgung von rund 500 Millionen EU-Bürger mit qualitativ hochwertigen Produkten zu angemessenen Preisen, gleichwohl die Zahl der Betriebe in Deutschland von über 1,6 Millionen um 80% auf rund 350.000 im Jahr 2007 zurückging. Mir ist es ein großes Anliegen die kleinen und mittelständischen Betriebe zu erhalten und zu unterstützen.
Meine Erfahrung zeigt mir, dass sowohl Tierschutz als auch Tierhaltung in weiten Teilen unserer Bevölkerung meist emotional diskutiert werden. Meiner Meinung nach ist Tierhaltung in Deutschland nachhaltig, das heißt ausgewogen im Sinne von Ökonomie, Ökologie und sozialen Aspekten (Arbeitsplätze). Diese Nachhaltigkeit gilt es immer wieder neu zu bewerten und mit den Herausforderungen unserer Zeit in Einklang zu bringen. Im Lichte dessen, möchte ich noch unterstreichen, dass wir in Deutschland über ein ausgesprochen umfangreiches und, wie ich finde, gutes Tierschutzgesetz verfügen. Zudem ist Tierschutz in der gesamten Europäischen Union von großer Bedeutung: Nicht zuletzt deswegen hat das Europäische Parlament zum Aktionsplan der Gemeinschaft für den Schutz und das Wohlbefinden von Tieren in seiner Entschließung festgestellt, dass Europa in den letzten Jahren eine vielfältige Tierschutzgesetzgebung erlassen und eines der höchsten Tierschutzniveaus der Welt erreicht hat.
Es ist mir wichtig noch darauf hinzuweisen, dass der Landwirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments jüngst in einer Entschließung zum Ausdruck gebracht hat, dass Antibiotika zur Krankheitsbekämpfung auf das "unbedingt notwendige Maß zu beschränken" sei. Ferner sei eine verstärkte Erforschung von alternativen Behandlungsmethoden für kranke Tiere notwendig.
Dass es herausfordernd sein kann für einen ganzheitlichen und wirkungsvollen Tierschutz Sorge zu tragen, möchte ich nicht in Abrede stellen, jedoch muss an dieser Stelle festgehalten werden, dass sich das Europäische Parlament sehr um eine ausgewogene Agrarpolitik bemüht, bei der dem Tierschutz eine der wichtigsten Prioritäten zufällt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Inge Gräßle