Frage an Ina Sinterhauf von Stephy B. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Liebe Ina, welche konkreten Ideen hast du zum Thema "Qualität" in bayrischen Kitas? Ich bin immer wieder verärgert, verwundert, erstaunt, warum das scheinbare Bildungsland Bayern in der frühkindlichen Bildung im Bereich Qualität so schlecht abschneidet.
Sehr geehrte Frau B., liebe Stephy,
in den vergangenen Jahren wurde in Bezug auf Kindertagesstätten viel über den Ausbau von Betreuungsplätzen gesprochen, damit Eltern die verschiedenen Anforderungen des Alltags gut vereinbaren können. Aus meiner Sicht noch zu wenig ist dabei allerdings der Aspekt der Qualität diskutiert worden. Denn qualitativ ausgezeichnete Kindertagesstätten bieten nicht nur gute Kinderbetreuung, sondern eröffnen auch Bildungs- und damit Lebenschancen.
Was Qualität in Kindertagesstätten ausmacht, wurde sehr detailliert und ausführlich im Nationalen Kriterienkatalog ("Pädagogische Qualität in Tageseinrichtungen für Kinder. Ein nationaler Kriterienkatalog.") auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse erarbeitet und in über 250 Einrichtungen erprobt. Es werden 20 Qualitätsbereiche definiert, z.B. Tagesgestaltung, Ernährung, kognitive Entwicklung, Zusammenarbeit mit Familien oder Leitung), welche aus meiner Sicht umfassend sind. Auf dieser Grundlage könnten verbindliche Qualitätsstandards für Kindertagesstätten festgelegt werden. Zuständig dafür kann nicht die einzelne Tagesstätte sein, sondern es braucht eine übergeordnete Ebene, welche auch die Umsetzung der Standards kontrolliert. Versteht man Kindertagesstätten als Bildungseinrichtungen, könnte dies zum Beispiel auf Ebene des Bundeslandes geschehen. Um eine zügige Umsetzung einmal definierter Qualitätsstandards zu erreichen, könnte über einen Qualitätsbonus das Erreichen bestimmter Umsetzungsgrade honoriert werden.
Gleichzeitig ist Qualität natürlich ein klassisches Leitungsthema. Daher sehe ich einen Ansatzpunkt zur Umsetzung von Qualität in Kindertagesstätten auch darin, die Leitung einer solchen Einrichtung stärker als bisher vom Gruppendienst freizustellen, um neben den übrigen Leitungsaufgaben Kapazität für Qualitätsentwicklung und –sicherung zu haben. Zudem benötigt diese Aufgabe eine genügend große Distanz vom Gruppenalltag, um kritisch diejenigen Punkte identifizieren zu können, an denen Qualität verbessert werden muss.
Neben der zeitlichen Kapazität ist es aus meiner Sicht an der Zeit, für Leitungen einer Kindertagesstätte eine verpflichtende Zusatzqualifikation einzuführen. Denn die Leitung benötigt pädagogische Kenntnisse, aber darüber hinaus eben auch andere, zusätzliche Kompetenzen, die z.B. in einem frühpädagogischen Studium vermittelt werden könnten.
Damit Qualität nicht nur eingefordert wird, sondern tatsächlich gelebt werden kann, braucht das pädagogische Personal ebenfalls zeitlichen Freiraum. Dennfür die Qualität so wichtige Aspekte wie Elterngespräche oder die Vorbereitungszeit für Angebote müssen derzeit innerhalb der sich aus dem Betreuungsschlüssel ergebenden Arbeitszeit erbracht werden. Faktisch kann der Betreuungsschlüssel also gar nicht eingehalten werden. Wichtig wäre aus meiner Sicht daher, einen angemessenen Teil der Arbeitszeit vom Gruppendienst freizustellen.
Es gibt also Ansatzpunkte auf verschiedenen Ebenen. Wichtig ist vor allem, dass das Thema Qualität in Kindertagesstätten aktiv Eingang in die Politik findet. Dafür werde ich mich als Landtagsabgeordnete einsetzen, denn eine gute frühkindliche Bildung sehe ich als wichtigen Baustein zur gesellschaftlichen Chancengerechtigkeit an. Ich freue mich, wenn wir dazu im Austausch bleiben.
Herzliche Grüße
Ina Sinterhauf