Frage an Imke Byl von Daniela S. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Byl,
Frage 1:
Wie begründen Sie den weiterhin geltenden Lockdown und die Anordnung, einen Mund- und Nasenschutz zu tragen, obwohl derzeit nur noch 0,0117% (9734 von ca. 83 Mio) der deutschen Bevölkerung als infiziert gelten?
(Stand 24.05.2020, Quelle:Robert-Koch-Institut - https://corona.rki.de/)
Frage 2: Wie begründen Sie generell das Tragen eines Mund- und Nasenschutzes, wenn selbst "seriöse Quellen" keinen Nutzen darin sehen?
Quellen:
- When and how to wear medical masks to protect against coronavirus? - https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/advice-for-public/when-and-how-to-use-masks
- Nonpharmaceutical Measures for Pandemic Influenza in Nonhealthcare Settings—Personal Protective and Environmental Measures - https://wwwnc.cdc.gov/eid/article/26/5/19-0994_article
- Montgomery hält Maskenpflicht für falsch - https://www.aerztezeitung.de/Politik/Montgomery-haelt-Maskenpflicht-fuer-falsch-408844.html
- Masks Don't Work: A review of science relevant to COVID-19 social policy - https://www.researchgate.net/publication/340570735_Masks_Don't_Work_A_review_of_science_relevant_to_COVID-19_social_policy/citation/download
- Advice on the use of masks in the context of COVID-19 - https://www.who.int/publications-detail/advice-on-the-use-of-masks-in-the-community-during-home-care-and-in-healthcare-settings-in-the-context-of-the-novel-coronavirus-(2019-ncov)-outbreak (Advice to decision makers on the use of masks for healthy people in community settings. As described above, the wide use of masks by healthy people in the community setting is not supported by current evidence and carries uncertainties and critical risks. WHO offers the following advice to decision makers so they apply a risk-based approach.)
- Country & Technical Guidance - Coronavirus disease (COVID-19): From 15 May 2020, this page is no longer being updated. Please go to our publications hub to access WHO’s country and technical guidance on COVID-19 - https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/technical-guidance
Frage 3:
Wie begründen Sie das Verhältnismäßigkeit des "Lockdowns", obwohl Studien derartige Maßnahmen kritisch sehen und die Folgen selbiger zu mehr Nach- als Vorteilen führen?
Quellen:
- Estimates of the impact of COVID-19 on global poverty - https://doi.org/10.35188/UNU-WIDER/2020/800-9
- Population-level COVID-19 mortality risk for non-elderly individuals overall and for non-elderly individuals without underlying diseases in pandemic epicenters - https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2020.04.05.20054361v2
- Sterberate BRD seit 2015, scroll to "Z-scores by country" - https://www.euromomo.eu/graphs-and-maps/
- Infection fatality rate of SARS-CoV-2 infection in a German community with a super-spreading event - https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2020.05.04.20090076v1
- Presence of SARS-CoV-2 reactive T cells in COVID-19 patients and healthy donors - https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2020.04.17.20061440v1
- Reproduktionszahl schon vor dem "Lockdown" sinkend und nur 1 Woche nach dem "Lockdown" relativ gleichbleibend beim geforderten R=1 - https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/Ausgaben/17_20.pdf?__blob=publicationFile (Seite 14, Abb. 4)
- Mortality associated with COVID-19 outbreaks in care homes: early international evidence - https://ltccovid.org/wp-content/uploads/2020/05/Mortality-associated-with-COVID-21-May-6.pdf
- COVID-19 Antibody Seroprevalence in Santa Clara County, California - https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2020.04.14.20062463v2
- Global Covid-19 Case Fatality Rates - https://www.cebm.net/covid-19/global-covid-19-case-fatality-rates/
- Perspectives on the Pandemic | Dr. John Ioannidis Update: 4.17.20 | Episode 4 - https://www.youtube.com/watch?v=cwPqmLoZA4s (weitere Quellenangaben zu seinen Äußerungen im Disclaimer des Videos)
- Elective surgery cancellations due to the COVID ‐19 pandemic: global predictive modelling to inform surgical recovery plans - https://bjssjournals.onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/bjs.11746
Vielen Dank vorab für Ihre Antworten.
Mit Grüßen,
Daniela Steffen
Sehr geehrte Frau Steffen,
Diskussionen und unterschiedliche Meinungen gehören zum Forschungsprozess in der Wissenschaft dazu und sind ein elementarer Bestandteil dessen. Gleichzeitig bedeuten wissenschaftliche Erkenntnisse nicht immer eine klare politische Handlungsempfehlung. Außerdem können sich durch den permanenten Erkenntnisgewinn Empfehlungen ändern, so wie wir es im Verlauf der Pandemie auch beim Beispiel Masken gesehen haben. Politische Entscheidungen müssen diese unterschiedlichen Sichtweisen im Blick behalten und miteinbeziehen, was eine Herausforderung darstellen kann. Mit dem Robert Koch-Institut (RKI) haben wir eine weltweit anerkannte Behörde im Bereich Krankheitsüberwachung und -prävention in Deutschland, deren Erkenntnisse und Empfehlungen sehr wertvoll sind. Hätte es die Maßnahmen nicht gegeben, dann wäre das Gesundheitssystem mit ziemlicher Sicherheit überlastet gewesen. Situationen wie in Italien wären nicht auszuschließen gewesen. Deshalb waren die Maßnahmen auch nach bisherigem Kenntnisstand richtig.
Es sind jedoch immer schwere Abwägungen, die getroffen werden müssen. Erst im Nachhinein lässt sich bewerten, ob die getroffenen Maßnahmen richtig waren. Deshalb müssen wir diese auch immer wieder diskutieren und feststellen, ob diese noch angemessen sind. Nach der Krise muss es eine umfassende wissenschaftliche Evaluation geben, die nicht nur die Aspekte des Infektionsgeschehens und des Gesundheitssystems bewertet, sondern auch alle anderen Folgen und Konsequenzen der Krise und die damit verbundenen, angeordneten Maßnahmen.
Zudem zeigen Studien schon jetzt, dass zu schnelle Lockerungen der Wirtschaft mehr schaden können, als es die Schutzmaßnahmen tun. So haben höhere Totenzahlen einen schlechteren Einfluss auf die Wirtschaftsleistung als die bisher getätigte Einschränkungen. Oder in Worten der Studienautor*innen der Helmholtz-Gesellschaft und des ifo-Instituts: „Die Strategie umsichtiger, schrittweiser Lockerungen ist nicht nur gesundheitspolitisch, sondern auch wirtschaftlich vorzuziehen.“ (https://www.ifo.de/DocDL/sd-2020-digital-06-ifo-helmholtz-wirtschaft-gesundheit-corona_1.pdf)
Die Corona-Pandemie ist aber noch nicht vorbei, deswegen brauchen wir auch weiterhin Schutzmaßnahmen, zu denen aufgrund der hauptsächlichen Aerosolübertragung das Maskentragen gehört. Ausbrüche in Leer, Langenhagen oder Göttingen zeigen, wie fragil die Lage ist. Gerade greift das Präventionsparadox: weil die Maßnahmen so gut gewirkt haben, wird von einigen Menschen aus dem Blick verloren, dass wir wegen der Maßnahmen auf diesem guten Stand sind. Wir haben das Glück, dass hier frühzeitig und umsichtig gehandelt wurde und wir in Deutschland bisher glimpflich durch diese Krise gekommen sind. Deswegen sollten wir bisherige Erfolge nicht verspielen, indem jetzt unvorsichtig gehandelt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Imke Byl