Frage an Ilse Ertl von Ulla S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Frau Dr. Ertl ,
vor einiger Zeit mußte ich nach München umziehen. Ich habe meinen Arbeitsplatz in Tuttlingen gewechselt.
Nach einiger Zeit hat mein Chef junge Polinnen eingestellt und da ich keinen Kündigungsschutz hatte, wurde ich "freigestellt " mit dem Hinweis, daß diese günstiger zu beschäftigen sind und jünger sind als ich.
Gerade Gutbetuchte verdrängen immer öfters einheimische Mieter. Das nennt man Gentrifizierung. Haben Sie das schon mal gehört und was tun Sie dagegen?
Meines Erachtens kommt es nicht so sehr auf die Einwanderungszahl an, aber es ist doch unstrittig, daß nicht nur Hochqualifizierte kommen, sondern auch Menschen die hier besser auszubeuten sind, weil sie nicht gewerkschaftlich organisiert sind, weil sie nach dem letzten Strohhalm greifen oder weil sie als Familiennachzügler kommen. Warum nimmt man nicht einfach nur Zuwanderer auf, die der Arbeitsmarkt auch wirklich braucht?
Davon abgesehen: die Flüchtlinge tragen am wenigsten zur hohen Zuwanderung bei, da besonders Süd-und Osteuropäer zu uns strömen und da ist kein Krieg.
Die Politik weist zudem auf den demografischen Faktor hin.
In diesem Link sehen Sie, dass es auch Artikel gibt, die das schönrechnen der Arbeitslosenstatitk kritisch unter die Lupe nehmen:
Warum hat die Bundesregierung Ihre Meinung nach nicht ihren eigenen Worten Taten folgen lassen und die Arbeitslosenstatistik anders gestaltet, anstatt zu schönen?
Hinzu kommt, dass z.B. diese Woche in der ARD kam, dass 8 Mio. Menschen in Deutschland für weniger als 8 Euro/ Stunde arbeiten müßen, hinzu kommen lt. der Sendung 6,5 Mio. die nur einen Mini-Job haben. Und viele Hartz IV-Emfänger sind Aufstocker, 1 Euro-Jobber und Umschüler.
Was wollen Sie für diese Personengruppe tun? Sie aufgeben?
Hochachtungsvoll
Ulla Schwarzer
Sehr geehrte Frau Schwarzer,
Sie haben sehr gut erkannt und anhand einiger Beispiele aufgeführt, welche Interessen unsere Regierung vertritt. Richtig, der Mensch als solches, bzw. der Staatsbürger gehört nicht zu der Gruppe, die unsere Regierung vertreten möchte, sonst würde sie anders handeln.
Unsere Regierung ist bemüht den Finanzmarkt zu bedienen und nicht gute Lebensmöglichkeiten für den Bürger einzurichten. Natürlich gibt es Alternativen. Und unter uns gesagt, müsste man mit echten Veränderungen nicht erst beim Mindestlohn anfangen, sondern die Ursachen bei der Wurzel packen. Und das beginnt dort, wo Geld gemacht wird ohne eine Leistung dafür zu erbringen, also in Investmentbanken bei Derivaten zum Beispiel. Zins- und Zinseszinsproblematik. Natürlich ist es notwendig eine Transaktionssteuer einzuführen und die Steuerflucht der Großkonzerne zu verhindert. Auch Manager sind das Geld nicht wert, dass sie heute verdienen, inkl. Abfindungen und Renten. Dieses Geld fehlt dem Unternehmen und damit den Angestellten. Natürlich muss die Bevölkerung dezentralisiert werden, es möglich sein, dass Menschen auch wieder im ländlichen Raum Arbeit finden (Thema Breitbandausbau), so dass Mieten in Großstädten wieder erschwinglich sind. Die Energiewende ist natürlich zu meistern, wer darunter leiden würde, wären die derzeitigen Energieriesen. Und deren Lobbyarbeit ist sehr gut. Nur so kann man sich erklären, dass Kohlekraftwerke wieder eingesetzt werden sollen.
Ein besseres Leben inkl. einem funktionierenden Gesundheitssystem für alle wäre natürlich möglich, wenn man es wollen würde.
Auf Zuwanderung bin ich schon einmal eingegangen. Südeuropäische Zuwanderung ist wegen der Eurokrise selbst gemacht. Ca. 50 % der jungen Spanier unter 30 Jahren finden keine Arbeit im eigenen Land. Mir tun die Menschen in den betroffenen Ländern ausgesprochen Leid, die wegen der Habgier der Finanzoligarchie hier unter die Räder kommen. Weil wir ja immer weniger Menschen in Deutschland werden, können wir die Zuwanderung scheinbar verkraften bzw. brauchen sie sogar, damit die Arbeit erledigt werden kann.
Es ist notwendig, dass sich der einzelne Bürger über die Zusammenhänge einzelner politischer Maßnahmen zum Großen bzw. zur Marschrichtung, bewusst wird. Nur so könnte er eigene Schlüsse ziehen und dann auch die richtigen Parteien wählen. Solange des Volk satt ist, werden sich zu wenige mit den Zusammenhängen auseinandersetzen. Und das ist meiner Meinung nach in Deutschland noch der Fall. Politik ist sehr komplex, was das Aufzeigen von Zusammenhängen sehr schwierig macht und Politik ist ein Handlanger der Finanzmärkte und keinesfalls unabhängig. Dies gilt es zu ändern.
Herzliche Grüße,
Ilse Ertl