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Frage von Georg M. •

Frage an Ilse Ertl von Georg M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dr. Ertl,

gibt es Ihrer Meinung nach auch Verlierer aufgrund der hohen Zuwanderung ( 2012 über eine Million)?
Wenn nicht, dann könnte man ja die Einreise-und Aufenthaltsbestimmungen ganz abschaffen, oder? Ganz so tun manche Politiker ja. Dabei gibt es m.W. auch viele Menschen ohne Aufenthaltstitel in Deutschland, die im Verborgenen leben.
Wieviel Zuwanderung verträgt Deutschland im Jahr und was spräche dagegen das kanadische Zuwanderungsmodell in Deutschland einzuführen?
Warum fragt man nicht das Volk, wieviel und welche Zuwanderung es möchte?

Ich stelle fest, dass eine hohe Zuwanderung vor allem den Arbeitgebern nützt, aber den einfach qualifizierten Menschen, den Kranken und den Wohnungssuchenden kann das durchaus schaden. Teilen Sie diese Meinung?

Mit freundlichen Grüßen,

Georg Mayer

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FREIE WÄHLER

Sehr geehrter Herr Mayer,

vielen Dank für Ihre Frage.

In Ihren Fragen sprechen Sie ausschließlich von Zuwanderung, ich möchte jedoch auch Flüchtlinge in meine Überlegungen mit einbeziehen, weil sie ja auch unserem Land zugewandert sind.

Ihre Frage danach, wieviel Zuwanderung Deutschland verträgt, vermag wohl niemand zu beantworten. Die von Ihnen genannte Zahl von 1 Million Zuwanderern im Jahr 2012, kann ich nicht nachvollziehen. Ich habe lediglich eine Zahl für die Zunahme der in Deutschland lebenden Menschen für 2012 gefunden. Es handelt sich um ein Plus von 196 000Menschen auf 80,5 Millionen. Ob in dieser Zahl auch Asylbewerber enthalten sind, weiß ich leider nicht. Die Zahlen der Asylanträge habe ich in Wikipedia gefunden, die wohl annähernd zutreffen dürften.

*Jahr*

*Zahl der Asylanträge^[17]
http://de.wikipedia.org/wiki/Asylrecht_%28Deutschland%29#cite_note-17 [18]
http://de.wikipedia.org/wiki/Asylrecht_%28Deutschland%29#cite_note-BAMF15713-18
*

1990
193.063

1991
256.112

1992
438.191

1993
322.599

1994
127.210

1995
166.951

1996
149.193

1997
151.700

1998
143.429

1999
138.319

2000
117.648

2001
91.471

2002
71.124

2003
67.848

2004
50.152

2005
42.908

2006
30.100

2007
30.303

2008
28.018

2009
33.033

2010
48.589

2011
53.347

2012
77.651

Demnach, ist die Zahl der Asylanträge deutlich gesunken. Deutschland hat in früheren Jahren schon mehr Flüchtlinge unter seine Fittiche genommen.

Vermutlich ist es angebracht in zumindest zwei Kategorien zu denken. Einmal die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte (freiwillig) und auf der anderen Seite Flüchtlinge (notgedrungen). Kanada ist in der Lage, seine Zuwanderung zu steuern, ich denke, das liegt auch an der exzentrischen Lage des Landes. Kanada grenzt weder mittelbar noch unmittelbar an Länder mit existenziellen Bedrohungen für deren Bevölkerung. Anders ist die örtliche Lage Deutschlands zu sehen. Deutschland, ein wirtschaftlich gut gestelltes Land, inmitten Europas. Die existenziellen Probleme anderer Länder beginnen aber schon in Spanien und Griechenland, also deutlich näher.

Will man den Demographen Glauben schenken, so benötigt auch Deutschland qualifizierte Zuwanderer, weil die Geburten in Deutschland stetig zurückgehen. "Selbst wenn es gelänge, jedes Jahr 100.000 Zuwanderer zu gewinnen, würde die Bevölkerungszahl Deutschlands bis 2050 um etwa zwölf Millionen Menschen sinken." (Die Welt, 23.11.12)

Es scheint also, als würde Deutschland Zuwanderer vertragen, sogar benötigen. Die Eurokrise hat dazu geführt, dass Tausende von gut ausgebildeten Migranten aus Südeuropa nach Deutschland gekommen sind. Aber auch Osteuropäer drängen weiterhin nach Deutschland. Ihr Erscheinen wird von der Regierung deutlich befürwortet, nicht nur wegen der guten Ausbildung, oft mit Hochschulabschluss, sondern auch wegen des jungen Alters.

Bei Flüchtlingen besteht jedoch das besondere Problem, dass diese oft traumatisiert sind und nicht "sofort" in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Ich denke, wenn man die Flüchtlinge nicht über längere Zeit vom „normalen Leben“ bei uns fernhält, sondern sich um sofortige Eingliederung bemüht, würde es nicht zum Lagerkoller und zur Belastung für Anwohner von Wohnheimen kommen. Man muss diese Leute so schnell wie möglich auf die eigenen Beine stellen, damit sie mitarbeiten können. Man sollte auch versuchen nachzuempfinden, was Flüchtlinge in ihrem Heimatland an politischer und persönlicher Verfolgung durchgemacht haben, was es auch bedeutet, wenn die eigene Heimat durch einen Bürgerkrieg, der Tausende von Opfern fordert gefordert hat, verwüstet wird. Denken wir dabei nur an Syrien und an den Einsatz von chemischen Waffen gegen das eigene Volk. Hier können wir nicht wegschauen und die Hilfesuchenden abweisen.

Und ganz ehrlich, gegen die gut integrierten Ausländer, die unsere Sprache sprechen und unsere Gewohnheiten respektieren, kann doch keiner etwas einwenden. Oder? Wer soll z. B. unsere Alten und Kranken, also irgendwann auch einmal uns, pflegen? Ist es doch heute schon so, dass von Mitbürgern oft Osteuropäer illegal ins Land geholt werden, damit sie deren Angehörige rund um die Uhr in den eigenen vier Wänden pflegen, weil ansonsten die Kosten zu hoch wären.

Von einer Befragung des Volkes halte ich sehr viel. Vor allen Dingen halte ich sehr viel von Aufklärung des Volkes und anschließender Befragung und Abstimmung. Oft, so denke ich, wäre eine politische Entscheidung bereits anders ausfallen, wenn man das Volk befragt hätte. Und das muss unbedingt sein, denn das Volk ist der Souverän.

Noch ein Wort zu den Wohnungssuchenden. Würde die Politik sich stärker für Dezentralisierung einsetzen, so würden die Mieten nicht ins Unerschwingliche mutieren. Mit Dezentralisierung meine ich unter anderem den Anreiz für Firmen zu schaffen, sich auf dem Land nieder zu lassen. Dazu bedarf es eines Breitbandausbaus auf dem Land. Studenten könnten günstiger dezentral studieren als in der Großstadt. Der Nürnberger Flughafen steht vor dem Aus und in München will man unbedingt die 3. Startbahn durchdrücken. Der Verkehr in München kollabiert, während sich auf dem Land keine Ärzte mehr ansiedeln wollen. Dezentralisieren- und es gibt wieder bezahlbare Wohnungen in Großstädten.

Und noch ein Wort zum Gesundheitssystem, weil Sie ansprachen, dass Migranten unser Gesundheitssystem belasten würden. Wir FREIE WÄHLER haben einen Vorschlag für ein neues Gesundheitssystem. Wir nennen es die "Soziale Gesundheitsversicherung". Mit unserem Vorschlag würde das Gesundheitswesen auch wieder rund laufen. Bezüglich der Migranten lautet auch hier die Lösung, so schnell wie möglich Migranten leistungsfähig machen.

Herzliche Grüße

Ilse Ertl