Frage an Ilja Seifert von Fanny K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrterr Herr Seifert,
Ihre Partei hat gegen das gestern verabschiedete Wahlrecht gestimmt. Vielen Dank.
Das neue Wahlgesetz auf die Wahlergebnisse von 2009 übertragen würde zusätzlich 49 Abgeordnete ergeben, also 49 * 7960 Abgeordnetenentschädigung (ein Beitrag zur Rentenversicherung bleibt ebenfalls aus) + 49 * 4029 Euro Kostenpauschale mehr pro Monat (mit 60 Monaten in einer Legislaturperiode).
Dieser hohe Mehraufwand sowie auch langfristig die höhere Zahl an lebenslänglichen Pensionen ist enorm. (Wie) Kann gesichert werden, dass der finanzielle Nutzen durch eine bessere Arbeit im Bundestag höher ist als diese Mehrkosten?
Könnten Sie sich / Ihre Partei vorstellen, einen Antrag einzureichen, durch den die Diäten bezogen auf die Anzahl der Direktmandate auf alle Abgeordneten gleich verteilt werden? Heißt, je mehr Abgeordnete dieses neue Wahlgesetz hervorbringt, desto geringer sind die Diäten pro Abgeordneten. Dadurch hätten wir, das deutsche Volk, wesentlich weniger zusätzliche Kosten zu tragen als wenn wir jedem zusätzlichen Abgeordneten volle Diäten zahlen müssten.
Und dann würde ich dieses neue Wahlgesetz tatsächlich als einen - wie von der Koalition bezeichneten - "Kompromiss" akzeptieren können.
Ich bedanke mich, dass Sie sich Zeit nehmen, auf meine Frage einzugehen.
Mit freundlichen Grüßen
F. Kilian
Sehr geehrte Frau Kilian,
mit Ihrer Frage sprechen Sie ein "heißes" Thema an. Nämlich die Wirksamkeit demokratischer Institutionen, namentlich des Bundestages. Dafür danke ich Ihnen. Allerdings teile ich die Intention Ihrer Fragestellung nicht. Ich meine, daß Demokratie dadurch ausgeweitet werden kann, daß immer mehr Menschen an der Entscheidungsvorbereitung, an der Entscheidung selbst und an der Kontrolle ihrer Durchführung beteiligt werden. Insofern sehe ich eine Ausweitung der Anzahl von Mandatsträger/innen eher als einen Weg, die Demokratie zu erhöhen. In diesem Zusammenhang sollte die Kostenfrage zweitrangig sein. Das heißt nicht, daß ich der Verschwendung von Steuergeldern das Wort rede. Im Gegenteil. Und ich weiß sehr wohl, daß die Abgeordnetenentschädigung (Diäten) für die meisten Menschen im Lande eine "fürstliche Vergütung" ist. Allerdings unterstelle ich meinen Kolleginnen und Kollegen - im Gegensatz zu etlichen Veröffentlichungen in manchen Medien - keine Faulheit. Auch Abgeordnete anderer Fraktionen arbeiten fleißig. Daß ich häufig die Ergebnisse ihres Tuns für falsch halte, ändert nichts an dieser Einschätzung. Wenn nun die Bezüge geringer wären, trüge das weder zur weiteren Qualifizierung der Arbeit bei - das sollte doch wohl aber Ziel einer Veränderung sein? -, noch motivierte es fähige Fachleute, sich zukünftig um solche Mandate zu bewerben. So fehlte uns deren Sachverstand bei der Entscheidungsfindung. Also: Demokratie ist schwierig. Sie ist (mir) aber ein hohes Gut.
In der Hoffnung, Sie nicht verprellt zu haben, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Ihr
Ilja Seifert