Weshalb werden seit 2024 eigentlich nicht verwertbares Vermögen aus Renten-/Kapitallebensversicherung beim Bürgergeld angerechnet (Verwertunsverluste größer 12,9% und tausende Euro weniger Bürgergeld)
Sehr geehrter Herr Heil,
Bis 2022 waren Vermögen bei Bezug von Hartz 4 auf mindestens zwei Arten vor der Verwertung gesichert:
1) 150 € je Lebensjahr
oder
2) Verlust bei Verwertung größer als 10% bis 12,9%
Dazu kam dann noch ein Freibetrag von 7.500 €
Mit Beginn des Jahres 2024 wurde diese Grenzen gestrichen. Der Freibetrag wurde hingegen auf 15.000 € erhöht.
Wer 60 Jahre alt war konnte unter H4 mindestens 16.500 € besitzen (7.500 € + 60 x 150 €).
Da Renten-/Kapitallebensversicherungen nur mit großen Verlusten (ca. 20%) zurückgekauft werden, sogar deutlich mehr!
Mit Bürgergeld liegt der Freibetrag ab 2024 nur noch bei 15.000 €.
Bedeutet also für jemanden nur wenige Jahre vor dem Renteneintrittsalters mehrere tausend Euro weniger Vermögen bei Renteneintritt. Die er sich vorher vom Munde abgespart hat, aber jetzt erst mal ausgegeben werden müssen, bis das Bürgergeld bezahlt wird!
Ist das die Absicht des Gesetzgebers?
Sehr geehrter Herr M.,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Beim Bürgergeld nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) handelt es sich um ein steuerfinanziertes Fürsorgesystem, welches der Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums dient. Anspruchsberechtigt sind hilfebedürftige Personen. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht vollständig aus eigenem zu berücksichtigendem Einkommen oder Vermögen oder durch Leistungen Dritter sichern kann. Dabei unterliegt das Bürgergeld dem Nachranggrundsatz. So sind sämtliche Einnahmen, die der leistungsberechtigten Person zugeordnet werden können, vorrangig zum Bestreiten des Lebensunterhaltes einzusetzen.
Vor Einführung des Bürgergeldes galt, wie Sie richtig darstellen, ein Vermögensfreibetrag in Höhe von 150 Euro je vollendetem Lebensjahr. Dieser war jedoch, abhängig von dem jeweiligen Geburtszeitpunkt, auf einen bestimmten Betrag gedeckelt. Zudem waren geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienten, in der gesetzlich festgelegten Höhe vom Vermögen abzusetzen. Letztlich bestand zudem ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750 Euro für jeden Leistungsberechtigten.
Mit der Einführung des Bürgergeldes wurden die Regelung zur Berücksichtigung von Vermögen in § 12 SGB II neu gefasst und entbürokratisiert.
Durch diese Neufassung wurden die früheren Freibeträge zusammengefasst und gleichzeitig erhöht. Seither gilt ein Freibetrag in Höhe von 15.000 Euro für jede Person der Bedarfsgemeinschaft. Innerhalb der Karenzzeit sind die Freibeträge für die erste Person der Bedarfsgemeinschaft sogar noch höher: hier bleiben 40.000 Euro unberücksichtigt. Zudem wird die Übertragung von nicht ausgenutzten Freibeträgen auf andere Personen der Bedarfsgemeinschaft zugelassen.
Auch nach Einführung des Bürgergeldes werden für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge und andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden, nicht als Vermögen berücksichtigt. Für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge sind unabhängig von der Wirtschaftlichkeit ihrer Verwertung von der Vermögensberücksichtigung vollständig ausgenommen.
Die vorliegende Berechnung ist nicht nachvollziehbar. Richtig ist, dass für eine 60-jährige Person ein Vermögensfreibetrag von 9.000 Euro galt. Einen zusätzlichen Freibetrag von 7.500 Euro gab es jedoch nicht. Möglicherweise liegt hier eine Verwechslung mit dem früheren Betrag in Höhe von 7.500 Euro vor, der für ein angemessenes KFZ galt (vgl.: § 12 Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II a.F.). Auch dieser Betrag wurde im Zuge der Einführung des Bürgergeldes auf 15.000 Euro erhöht.
Eine Schlechterstellung im Vergleich zu den früheren Vermögensvorschriften ist daher mit dem Bürgergeld-Gesetz nicht eingetreten.
Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil, MdB