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Hubertus Heil
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Frage von Sabine M. •

Warum werden erfolgreiche Maßnahmen zur Integration von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt nicht als Regelmaßnahme eingeführt wie z.B. sozialpädagogisches Coaching ?

Bürgergeld ist unsozial und entbehrlich. Lediglich die Integration in den Arbeitsmarkt ist die größte sozialpolitische Maßnahme, um Menschen aus dem Transferleistungsbezug heraus zu bringen, die Selbstverantwortung, das Selbstwertgefühl der Betroffenen sowie deren soziale Teilhabe zu stärken. In den Ländern gibt es Arbeitsmarktprogramme die mittels sozialpädagogischem Coaching im Matchingprozess in Vernetzung mit der Wirtschaft recht erfolgreich sind bei der Integration von Langzeitarbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt. Das Klientel der Langzeitarbeitslosen ist nicht homogen. Erfolgreich können deshalb nur individuelles Coaching und passgenaue Vermittlung i.V.m. arbeitsplatzbezogenen Qualifizierungsmaßnahmen bei der Arbeitsintegration sein. Alles andere ist Unsinn. Dies erfordert jedoch die Aufstockung des Personals in den Jobcentern und bei Trägern von Arbeitsmarktmaßnahmen.

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau M.,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Im Grundgesetz ist das Sozialstaatsprinzip verankert, das für jede Bürgerin und jeden Bürger ein Existenzminimum für ein menschenwürdiges Leben garantiert. Das Bürgergeld nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) gewährleistet dieses Existenzminimum allen, die ihren Lebensunterhalt trotz Nutzung der ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht selbst bestreiten können. Es unterstützt sie mit geeigneten Leistungen dabei, wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Dafür stehen den Jobcentern eine Reihe von Fördermöglichkeiten des Zweiten und Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II/SGB III) zur Verfügung.

Die Einführung eines Sozialen Arbeitsmarkts mit dem Teilhabechancengesetz war eines der wichtigsten Vorhaben in der vergangenen Legislaturperiode. Die Förderung „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ nach § 16i SGB II - die öffentlich geförderte Beschäftigung für besonders arbeitsmarktferne Menschen - wurde aufgrund ihres Erfolgs mit dem ersten Bürgergeld-Gesetz zum 1. Januar 2023 entfristet. Ziel dieses Instruments ist es, die Beschäftigungsfähigkeit der betroffenen Menschen durch intensive Betreuung, individuelle Beratung und wirksame Förderung zu verbessern und ihnen zugleich mehr konkrete Beschäftigungsoptionen anzubieten. Gefördert werden sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse. Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) hat bestätigt, dass der Soziale Arbeitsmarkt das Selbstwertgefühl und insbesondere die soziale Teilhabe der Menschen steigert, die an der Förderung teilnehmen. Dabei profitieren die Teilnehmenden gerade auch vom Coaching, das wir als begleitendes Element von Anfang an mit eingeführt haben. Das IAB bewertet das Coaching als wirksames Instrument zur Stabilisierung der Beschäftigung. Daher haben wir mit dem § 16k SGB II die „ganzheitliche Betreuung“ als eigenständiges Instrument zum 1. Juli 2023 im SGB II aufgenommen.

Ziel ist, Menschen genau die Unterstützung zukommen zu lassen, die sie für den Aufbau und die Stabilisierung ihrer Beschäftigungsfähigkeit benötigen. Ganzheitliche Betreuung im Sinne des § 16k SGB II bedeutet, dass die jeweiligen Lebenssituationen insgesamt in den Blick genommen und nicht nur arbeitsmarktrelevante Inhalte, sondern auch soziale und strukturelle Aspekte betrachtet werden. Dabei sollen die Teilnehmenden darin bestärkt werden, ihre Lebenssituation auch aktiv selbst zu verbessern. Dies dürfte Ihren Vorstellungen entsprechen.

Der Arbeitsmarkt heute ist nicht mehr so, wie Sie ihn aus der Zeit nach der Wende schildern, und auch nicht mehr derselbe wie 2005, als die Grundsicherung für Arbeitsuchende eingeführt wurde. In vielen Branchen haben wir bereits regionale Fachkräfteengpässe. Um größeren Engpässen an gut ausgebildeten Arbeits- und Fachkräften entgegen zu wirken, hat die Bundesregierung mit dem Bürgergeld-Gesetz die Förderung der beruflichen Weiterbildung verbessert. Dazu zählen auch die von Ihnen erwähnten arbeitsplatzbezogenen Qualifizierungsmaßnahmen. Insgesamt ist es entscheidend, dass mehr Menschen als bisher eine Aus- oder Weiterbildung aufnehmen und auch tatsächlich motiviert und erfolgreich zu Ende führen. Daher bringt das Bürgergeld gerade in diesem Bereich viele Verbesserungen. So bekommen Menschen, während einer geförderten abschlussorientierten Weiterbildung ein monatliches Weiterbildungsgeld in Höhe von 150 Euro bzw. einen monatlichen Bürgergeldbonus in Höhe von 75 Euro für Weiterbildungen, die länger als acht Wochen währen. Gerade Geringqualifizierte können zudem davon profitieren, dass Umschulungen bei Bedarf auch unverkürzt, also über die volle Regelausbildungsdauer, gefördert werden können.

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil

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