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Frage von Ralf B. •

Grundsicherung für 77.000 ukrainische Rentner hier in Deutschland?

Sehr geehrter Herr Heil,
ich habe drei Fragen an Sie und bitte um eine schriftliche Antwort darauf:

1.) Stimmt es, dass mit Stand vom März 2023 knapp 77 000 Personen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit - sprich ukrainische Rentner - hier in Deutschland GRUNDSICHERUNG vom DEUTSCHEN Staat erhalten, ohne jemals irgendeine Einzahlung in unser Sozialsystem geleistet zu haben? (Quelle: dpa factchecking ; 31.08.2023)

Sollte dies tatsächlich so sein, bringe ich hiermit meinen ausdrücklichen PROTEST gegen diese Entscheidung zum Ausdruck!

2.) Aus welchem staatlichen "Topf" werden diese Ausgaben bezahlt?

3.) Was sagen Sie den DEUTSCHEN Rentnern, die ihr Leben lang in die Rentenkasse eingezahlt haben und heute nebenbei Flaschen sammeln müssen, um über die Runden zu kommen, zu diesem Sachverhalt?

In gespannter Erwartung auf Ihre Antwort verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Ralf B.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr B.,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Die Statistik für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erfasst neben einer Vielzahl von Kriterien auch die Staatsbürgerschaft von Personen, die diese Leistung beziehen. So beziehen nach aktuellem Stand rund 77.000 Personen mit ukrainischer Staatsbürgerschaft diese Leistungen. Allerdings hatten bereits vor Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 gut 20.000 Ukrainerinnen und Ukrainer diese Leistungen bezogen. Weitergehende Schlussfolgerungen sind jedoch nicht möglich. Weder erfasst die Statistik, aus welchen Gründen sich diese Personen in Deutschland aufhalten, noch über welchen Zeitraum sie diese Leistungen beziehen.

Für einen Leistungsanspruch in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist es generell nicht von Bedeutung, ob jemand in der Vergangenheit „Einzahlungen“ geleistet hat. Solche Vorleistungen in Form von Beitragszahlungen gibt es in der gesetzlichen Rentenversicherung. Dauer und Höhe der Beitragszahlung entscheiden, ob ein Rentenanspruch vorhanden ist und wenn ja, wie hoch dieser ist.

Bei der Grundsicherung handelt es sich aber um eine steuerfinanzierte Sozialleistung zur Existenzsicherung und deshalb um ein bedarfsabhängiges Leistungssystem. Wer seinen existenznotwendigen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten kann, ist leistungsberechtigt. Dies ist verfassungsrechtlich garantiert. Die Nationalität ist dabei nicht von Bedeutung. Voraussetzung ist allein, dass eine Person ohne deutsche Staatsbürgerschaft sich nicht nur vorübergehend in Deutschland aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes fällt.

Die Besonderheit bei Geflüchteten aus der Ukraine liegt deshalb ausschließlich darin, dass sich Bund und Länder zu Beginn des russischen Angriffskrieges darauf geeinigt hatten, diesen Personenkreis nicht auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu verweisen. Denn in diesem Fall hätten ausschließlich Länder und Kommunen die damit verbundenen Ausgaben finanzieren müssen. Die Ausgaben (sogenannte Nettoausgaben) für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung werden den Ländern vom Bund erstattet. Damit trägt der Bund auch die auf Leistungsbeziehende aus der Ukraine entfallenden Ausgaben.

Mit Ihrer Frage wird suggeriert, dass „deutsche“ Rentnerinnen und Rentner Flaschen sammeln müssen, wenn die Rente für den Lebensunterhalt nicht ausreicht, während aus der Ukraine geflüchtete Menschen Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhalten und deshalb keine Flaschen sammeln müssen. Dies ist unzutreffend. Da es sich bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung um eine existenzsichernde und damit bedarfsabhängige Leistung handelt, besteht selbstverständlich auch dann ein Anspruch auf existenzsichernde Leistungen, wenn die Höhe der Rente nicht für den Lebensunterhalt ausreicht.

Bitte gestatten Sie mir noch eine Bemerkung zum Schluss: Aus meiner Sicht ist es gefährlich, unterschiedliche Gruppen in der Gesellschaft gegeneinander auszuspielen. Eine solidarische Gesellschaft darf niemanden hängen lassen, der in Not geraten ist, und muss gleichzeitig diejenigen im Blick behalten, die ihren Beitrag für die Gemeinschaft leisten. Genau das tun wir.

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil, MdB 

 

 

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