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Hubertus Heil
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Frage von Siegfried J. •

Frage an Hubertus Heil von Siegfried J. bezüglich Senioren

Sehr geehrter Herr Heil, meine Fragen betreffen das Thema Rente und ist also nicht unbedingt seniorentypisch. Frage 1: Wieso gilt das Rentenprinzip für Arbeitnehmer nicht grundsätzlich für die gesamte Bevölkerung? wenn ich als Arbeitnehmer im Laufe meines Lebens bei verschieden Arbeitgebern- egal ob Handwerk oder Industrie- tätig bin und war, wird alles zusammengefasst und daraus dann meine Rentenanwartschaft ermittelt. Bei Abgeordneten oder Ministern und dergleichen gilt dieses Prinzip wohl nicht, wie sonst kommen die sehr hohen Pensionen zustande? Frage 2: Warum eiert man in der Rentenfrage so herum? Kann das Rentensystem nicht in 3 Säulen gegliedert werden? Eine Mindestrente von sagen wir mal 1500 Euro auf die jeder Anspruch hat, egal ob Hinterbliebenenrente usw., eine normale Rente für jeden mit mehr als 40 Arbeits(Beitrags)jahren in Höhe von 3000 Euro und eine Höchstrente von ca. 5000 Euro? Privatvorsorge jedem selbst überlassen. Könnten so nicht unzählige andere staatlichen Zuschüsse weitgehend entfallen? Bin jetzt gespannt ob meine Fragen vom Kontrollgremium zugelassen werden.
Mit freundlichen Grüssen und Erwartung Ihrer Antwort verbleibe ich mit freundlichen Grüssen Siegfried Jablanovszky

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Jablanovszky,

vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de, auf die ich Ihnen gerne antworten möchte.

Sie sprechen ein heftig diskutiertes und seit langem immer wieder strittiges Thema an: die Rente. Das von Ihnen vorgeschlagene Modell kommt dabei dem Vorschlag der SPD schon entgegen, stößt aber an grundgesetzliche Grenzen. Das Grundsatzprogramm meiner Partei enthält die Forderung, die gesetzliche Rentenversicherung langfristig auf alle Erwerbstätigen auszudehnen, also u. a. auch Beamte einzubeziehen. Kurzfristig könnte dieses Ziel schon deshalb nicht verwirklicht werden, weil wesentliche Elemente der Beamtenversorgung durch Artikel 33 des Grundgesetzes geschützt sind. Außerdem kann der Bund seit der Föderalismusreform nur noch die Versorgung der Bundesbeamten (und Berufssoldaten) regeln. Für die weitaus größere Zahl der Landesbeamten liegt die Gesetzgebungszuständigkeit seitdem beim jeweiligen Land. Die zunächst erforderlichen Änderungen des Grundgesetzes bedürften einer Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat, die auf absehbare Zeit nicht zu erwarten ist.

Das Grundsatzprogramm der SPD geht weiterhin davon aus, dass die gesetzliche Rentenversicherung durch Betriebsrenten oder öffentlich geförderte private Vorsorge ergänzt wird. Dementsprechend könnte die Beamtenversorgung nicht allein durch die Rentenversicherung ersetzt werden. Vielmehr müsste die Beamtenschaft dann, wie jetzt schon die Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes, ergänzend bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder versichert werden. Da die Beamtenversorgung eine beitragsfreie Versorgung ist, müsste bei ihrer Ablösung durch Rentenversicherung und Betriebsversorgung damit gerechnet werden, dass die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes eine Erhöhung der Bruttobezüge fordern würden, um die künftige Beitragsbelastung auszugleichen. Außerdem würden bestehende Beamtenverhältnisse bzw. erworbene Versorgungsanwartschaften weitgehend unberührt bleiben müssen.

Auch wenn ein grundlegender Wechsel im System der Beamtenversorgung bis auf weiteres nicht stattfinden kann, können Änderungen des Rentenrechts trotzdem wirkungsgleich auf die Beamtenversorgung übertragen werden, wie es schon in der Vergangenheit geschah. So ist mit dem Versorgungsänderungsgesetz 2001 der sog. Riester-Faktor, mit dem die Rentensteigerungen vermindert werden, in die damals noch bundeseinheitliche Beamtenversorgung übernommen worden. Dieser Faktor ist im laufenden Jahr bereits zum sechsten Mal in der Beamtenversorgung angewendet, während er in der Rentenversicherung für die Jahre 2008 und 2009 ausgesetzt wurde. Ursprünglich war auch geplant, den in der Rentenversicherung ab 2005 zusätzlich eingeführten Nachhaltigkeitsfaktor im Beamtenversorgungsrecht umzusetzen. Der Entwurf des von uns eingebrachten Versorgungsnachhaltigkeitsgesetzes ist jedoch durch das vorzeitige Ende der vergangenen Wahlperiode im Sommer 2005 gescheitert. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass der Nachhaltigkeitsfaktor in der gesetzlichen Rentenversicherung bisher nicht im erwarteten Umfang wirksam werden konnte. Deshalb sieht der Entwurf eines Dienstrechtsneuordnungsgesetzes jetzt vor, dass bis Ende 2011 unter Berücksichtigung der allgemeinen Entwicklung der Versorgungssysteme zu prüfen ist, ob die bisherigen und künftigen Einschnitte in der Beamtenversorgung des Bundes ausreichen. Mit diesem Gesetzentwurf wird auch die 2012 beginnende gleitende Anhebung der Regelaltersgrenze in der Rentenversicherung von 65 auf 67 Jahre in die Versorgung der Bundesbeamten übernommen. Ebenso wird die weitgehend eingeschränkte Berücksichtigung von Ausbildungszeiten wirkungsgleich auf die Beamtenversorgung übertragen.

Im Übrigen hat der Bund zum 1. Januar 2007 einen Versorgungsfonds errichtet, mit dem die künftigen Versorgungslasten für neu eingestellte Beamte gedeckt werden. Damit wird der Bundeshaushalt nicht erst in der Zukunft, sondern zeitnah mit den Versorgungskosten belastet, womit der bisherige Anreiz entfällt, wegen des scheinbaren Kostenvorteils eher Beamte als Tarifbeschäftigte einzustellen.

Mit freundlichen Grüßen

Hubertus Heil, MdB

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