Frage an Hubertus Heil von Alex W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Hubertus,
ich lebe mit meinem Bruder zusammen, ich arbeite und er kümmert sich um den Haushalt. Inszest begehen wir nicht. Obwohl wir gegenseitig Pflichten füreinander übernehmen, erhalten wir kein Ehegattensplitting und mein Bruder wird bei meinem Tod z. B. keine Rentenansprüche bekommen. Wir können auch keine Ehe/eLP eingehen. Mit jedem anderen Mann könnte ich mich durch eine eLP rechtlich absichern.
Da du die "Ehe für alle" gerade als Koalitionsvoraussetzung genannt hast, habe ich folgende Fragen:
1. Welchen Zweck hat der Inzestparagraph bei gleichgeschlechtlichen, erwachsenen Geschwistern?
2. Hältst du den Inzestparagraphen für zwei erwachsene Brüder für geschwisternphob und menschenverachtend? Wenn ja, was unternimmst du dagegen?
3. Warum sollten zwei erwachsene Brüder keine eLP/Ehe eingehen können, besonders wenn sie gar keinen Inzest begehen, sondern nur bei gleichen Pflichten auch gleiche Rechte erhalten wollen?
4. Ist deine Eheforderung immer mit einer sexuellen Beziehung verbunden, sprich Ehevorteile nur gegen Sex? Wie kontrollierst du das?
5. Da wir muslimische Freunde haben und das Thema im Rahmen dieser Diskussion hochkam: Hältst du das Verbot, dass nicht mehr als zwei Menschen freiwillig die Ehe eingehen können, für diskriminierend und islamophob? In über 60 Staaten der Erde gibt es bereits die Mehrfachehe. Die Berliner Linkenpolitikerin Franziska Brychcy lebt mit zwei Männern in einer Wohnung, hat von einem drei und vom anderen ein Kind. Warum soll Franziska eigentlich aus deiner Sicht nicht die beiden Männer heiraten dürfen?
6. Was spricht aus deiner Sicht dagegen, dass drei sich liebende und füreinander sorgende Erwachsene nicht gemeinsam heiraten dürfen?
7. Du setzt dich für die "Ehe für alle" ein? Was genau verstehst du unter "alle"? Was konkret unternimmst du, um die oben genannten Eheverbote zu beseitigen?
Ich würde um eine konkrete Beantwortung meiner sieben Fragen bitten.
Vielen Dank!
Alex Weber
Sehr geehrter Herr Weber,
vielen Dank für Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch.
Die SPD-Fraktion hat viele Jahre an der Seite von Homosexuellen dafür gekämpft, daher freue ich mich, dass es in dieser Legislaturperiode doch noch gelungen ist, im Bundestag den Beschluss zur Ehe für alle herbeizuführen. Nun ist der Weg zur Gleichstellung frei!
Aber genauso wenig wie sich aus dem Recht zur Ehe für heterosexuelle Paare ein Recht auf Inzest oder Vielehen ableiten lässt, ist dies bei gleichgeschlechtlichen Ehen der Fall.
Von der Frage der Öffnung der Ehe zu unterscheiden ist die Frage der Eheverbote, die im Bürgerlichen Gesetzbuch normiert sind. Es gibt danach drei abschließend geregelte Eheverbote: das Verbot der Doppelehe gem. § 1306 BGB, das der Ehe zwischen nahen Verwandten gem. § 1307 BGB und das der Ehe zwischen nahen durch Adoption gesetzliche Verwandten gem. § 1308 BGB.
In den von Ihnen geschilderten Fällen ist demnach eine Eheschließung der zusammenlebenden Menschen (Geschwister bzw. mehrere Erwachsene) nicht möglich. Für eine Änderung dieser Regelung sieht die SPD-Bundestagsfraktion keine Notwendigkeit.
Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil
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