Frage an Horst Becker von Thomas M. bezüglich Verkehr
Hallo Horst,
mich interessiert, wie Du zu einem generellen Nachtflugverbot für den Flughafen Köln/Bonn stehst?
Über eine kurze Antwort würde ich mich freuen.
Thomas Maronna
Lieber Thomas Maronna,
prinzipiell bin ich für ein klares Nachtflugverbot bei Starts zwischen 6 und 22 Uhr, bei Landungen zwischen 5 und 23 Uhr in Köln/Bonn. Das Problem beim Nachtflug in Köln/Bonn ist jedoch aus folgenden Gründen nicht einfach zu lösen:
1. In Köln gab es nie ein Planfeststellungsverfahren weil der Flughafen 1953 drei Wochen vor Inkrafttreten des Luftverkehrsgesetzes von einem Militärflughafen in einen Zivilflughafen umgewandelt wurde und in dieser Regelung keinerlei Restriktionen vorhanden waren. Rein formaljuristisch sind alle Betriebsgenehmigungen danach immer "Beschränkungen" gegenüber diesem Rechtszustand gewesen, weil besonders laute und alte Flugzeuge aus der Nacht gedrängt wurden. Dass gleichzeitig die Flugzeuge wieder größer und damit real wieder lauter wurden, ist leider juristisch trotz aller Klagen bisher vor Gericht berücksichtigt worden, zuletzt auch wieder nicht vor dem OVG bei den Klagen der Städte Lohmar und Siegburg. Hinzu kommt, dass alle nicht planfestgestellten Flughäfen (im Wesentlichen solche im Osten, aber auch der Köln/Bonner bei uns) durch die Kohlregierung in den 90er Jahren rechtlich durch eine "fiktive" Planfeststellung der wirklichen gleichgestellt wurden. Der Flughafen Köln/Bonn fürchtet vor dem Hintergrund dieser Rechtslage jegliches Planfeststellungsverfahren, weil er dann in genauso eine Abwägungsprozess hinein müsste wie in Frankfurt, München oder Berlin. Bis Mitte 2010 sind bauliche Erweiterungen in Köln immer ohne Planfeststellung durchgewinkt und auch vom Land nicht angehalten worden, in der Zeit wo ich als parlamentarischer Staatsekretär mitwirkte, gab es so was nicht. Rollfelderweiterungen sind aus meiner Sicht so einfach ohne Planfeststellung und Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuwinken wie in der Vergangenheit. Wie das weiter geht, falls wir Grüne nicht im Ministerium mitwirken würden, mag sich aber jeder anhand der Praxis der Vergangenheit ausrechnen.
2. Es ist nun mal leider so, dass der damalige Landesverkehrsminister Wittke (CDU) im Jahr 2008 die laufende Betriebsgenehmigung vorzeitig um 15 Jahre bis 2030 verlängert hat, um Fed Ex von Frankfurt nach Köln zu holen !!! Da ist rechtlich zurzeit (Ausnahme sie unter 1.) leider im Gegensatz zu den Passagierflügen bis 2030 kaum ranzukommen. Übrigens: Selbst wenn die laufenden Klagen der Städte Siegburg, Lohmar, Hennef gegen die Verlängerung gewonnen worden wären, hätte es mit Sicherheit längere Übergangsfristen gegeben und wahrscheinlich wäre es für ein Stopp der Nachflüge vor 2030 zu Entschädigungszahlungen des Staates gekommen.
3. Wir haben bei unserem Standpunkt zum Nacht-Frachtflug KEINEN Verbündeten im Parlament, auch die SPD will da nicht ran - was jetzt nur wegen 2. relativ streitfrei ist.
Noch eine Bemerkung zum Passagiernachtflug:
Es sollte nicht unterschätzt werden, dass im Sommer die Passagierflüge bis zu 30% der Nachtflüge ausmachen. Deswegen fordern es auch die Lärmschutzinitiativen in und rund um Köln als die zur Zeit am schnellsten mögliche Maßnahme! Wie ist der Stand und warum kann es jetzt weiter gehen? Im Koalitionsvertrag 2010 zwischen Grünen und SPD ist auf grüne Initiative hin das Passagiernachtflugverbot für den Flughafen Köln/Bonn vereinbart worden. Dies fällt nicht unter die Verlängerung der Betriebsgenehmigung bis 2030, die im Februar 2008 von dem damaligen Landesverkehrsminister O. Wittke (CDU) vorgenommen wurde. Seit 1997 der damalige Bundesverkehrsminister Wissmann (CDU) die damals eigentlich geplante Einführung verhindert hatte, sind die Passagiernachflüge in der Betriebsgenehmigung vom Bestandschutz ausgenommen. Trotzdem wurde es nie umgesetzt, weil immer behauptet wurde, die Einführung sei nicht mit EU-Recht vereinbar. Spätestens seit einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes Ende 2006 war dies nicht mehr haltbar, weil gerade für Passagiernachtflüge höhere rechtliche Hürden als für nächtliche Frachtflüge aufgestellt wurden. In der Landesregierung wurde seit 2010 von mir alles Notwendige vorbereitet, um das Verbot rechtssicher einzuführen.. Gutachten, Anhörung und anschließende rechtliche Auswertung zeigen: Das Passagiernachtflugverbot ist möglich! Nachdem jetzt der Landesverkehrsminister unterzeichnet hat und die veränderte Betriebsgenehmigung dem Bundesverkehrsminister vorgelegt hat, wird es spannend: Was machen Ramsauer (CSU) und sein aus dem Rhein-Sieg-Kreis kommender Kabinettskollege und CDU-Spitzenkandidat Röttgen? Bisher sieht es so aus, als werde Ramsauer auf Zeit spielen, um seinen Kollegen Röttgen und den Flughafen nicht vor der Wahl in Schwierigkeiten zu bringen. Gleichzeitig erklärt der CDU-Spitzenkandidat Röttgen, er finde das Passagiernachtflugverbot gut, tut aber nicht für seine Durchsetzung bei Ramsauer. Also: Druck machen!
Was werden wir neben dem Passagiernachtflugverbot unternehmen, wenn wir nach dem 13. Mai wieder (Mit-) Verantwortung für den Verkehrsbereich übernehmen können?
Neben dem Schritt, dass darauf zu achten ist, dass der Flughafen bei baulichen Veränderungen ein Planfeststellungsverfahren machen muss, gibt es denkbare weitere Schritte: Das Netzwerk der Lärmminderungspläne der Kommunen muss so verknüpft werden, dass dort die strengeren Lärmgrenzwerte des Umweltbundesamtes für die Nacht festgeschrieben werden und auf einen noch durchzusetzende Lärmminderungsplan des FKB einwirken (siehe Koalitionsvertrag). In diesem müssten kontinuierliche Schritte zur Lärmminderung festgeschrieben werden (z.B. über eine deutlichere und anwachsende Gebührenspreizung nach Lärm).Vorstellbar wäre eine Zielvereinbarung für bestimmte Jahre, in denen dann bestimmte und nach und nach abzusenkende Obergrenzen für Einzelschallpegel oder Lärmkontingente in der Nacht festgelegt werden und bei Überschreitung Ordnungsgelder zu zahlen wären. Rechtlich ist möglich - ein dem Grunde nach ähnliches Modell wurde in Brüssel angewandt und ist bei Klage einer Airline von dem EuGH im letzten Juli letztinstanzlich akzeptiert worden. Der EuGH hat festgestellt, dass es sich dabei nicht um eine unzulässige Veränderung der Betriebsgenehmigung, sondern um eine umweltrechtliche Rahmenbedingung der zuständigen Behörden handele und es erlaubt sei, im Wiederholungsfall der Zuwiderhandlung Bußgelder festzulegen. (In diesem Fall sogar 50.000 Euro!).
Tatsache ist und bleibt mit Sicherheit auch und gerade beim Thema Nachtflug in Köln/Bonn: GRÜN macht den Unterschied! Nur wenn wir GRÜNE gestärkt aus der Wahl am 13. Mai herausgehen, gibt es in dieser Frage Fortschritte!
Soweit,
herzliche Grüße
Horst Becker