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Hiltrud Lotze
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Frage von Mario E. •

Frage an Hiltrud Lotze von Mario E. bezüglich Finanzen

Ist es korrekt, daß in der vergangenen Woche vom Bundeskabinett verabschiedet wurde, daß die gesetzlich Krankenversicherten für die Kosten der Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge aufkommen sollen?
Das hieße, das einmal mehr also nur diejenigen belastet werden, die keine Beamten oder Selbstständigen sind und die als Arbeitnehmer weniger als die Versicherungspflichtgrenze von 56.000 Euro verdienen und dies beinhaltet sogar Menschen, die als "Aufstocker" nicht einmal genug verdienen, um davon leben zu können.
Hingegen werden die Beamten, die Selbständigen, die Millionäre und Milliardäre wieder einmal von allen Lasten befreit?
Wie rechtfertigen Sie das?
Heißt "Wir schaffen das" nur, daß niedrige Einkommensbezieher etwas schaffen müssen und der Rest nicht zu beteiligen braucht?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Erdmann,

für Ihre Anfrage danke ich Ihnen und antworte Ihnen gerne. Korrekt ist, dass das Bundeskabinett beschlossen hat, 1,5 Milliarden Euro im kommenden Jahr aus dem Gesundheitsfonds zu nehmen, mit der Begründung dieses Geld zum Teil zur Finanzierung der Gesundheitskosten für Flüchtlinge (1 Milliarde) und zum Teil zum Aufbau der Telematikinfrastruktur (500 Mio.) zu nutzen. Die SPD-Bundestagsfraktion war von Anfang gegen diesen Plan, denn die Gesundheitsversorgung von Geflüchteten ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die demzufolge aus Steuern bzw. dem Bundeshaushalt bezahlt werden muss. Bei Geflüchteten verhält es sich wie folgt: Nach ihrer Ankunft hier werden Geflüchtete zunächst (15 Monate) nach dem Asylbewerberleistungsgesetz behandelt, was ihnen nur einen sehr eingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung ermöglicht. Nach diesen 15 Monaten müssen die Geflüchteten eine Krankenkasse wählen und werden normal gesetzlich versichert (mit Ausnahme der Pflegeversicherung). Da sie in der Regel nach 15 Monaten hier noch keine Arbeit haben, werden sie genauso behandelt wie Arbeitslose. Für diese wird eine Pauschale (von rund 95 Euro) pro Versichertem aus dem Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit an den Gesundheitsfonds überwiesen.

Der Gesundheitsfonds besteht zu einem großen Teil aus den gesammelten Krankenkassenbeiträgen (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil) plus einem jährlichen Steueranteil, den der Bund überweist. Dieser beträgt im Jahr 2016 14 Milliarden Euro. Im Gesundheitsfonds befinden sich durch diese Überweisungen Rücklagen, die nun zum Teil abgebaut werden. Das Bundeskabinett erlaubt sich diese Entnahme aus dem Fonds auch, da die Reserven ausreichend hoch sind (rund 10 Milliarden Euro). Der Gesundheitsminister (CDU) hat diesen Schritt vor allem auf Druck des Finanzministers (CDU) angekündigt, da Bundesminister Schäuble kein Haushaltsgeld verwenden möchte, um seine „schwarze Null“ nicht zu gefährden. Dieses Einhalten der „schwarzen Null“, um jeden Preis kritisieren wir als SPD. Hauptargument der CDU ist, dass das Geld aus dem Gesundheitsfonds schon Steuermittel und keine Versichertengelder sind, da der Bund 14 Milliarden Euro überweist und am Ende natürlich niemand schaut, welcher Euro aus welchem Topf kommt. Die CDU zeigt sich leider in dieser Frage völlig unbeweglich und so ist es fraglich, ob wir als kleinerer Partner der Koalition uns werden durchsetzen können.

Völlig falsch ist, dass aufgrund dieses Griffs in den Fonds die Krankenkassenbeiträge steigen, im Gegenteil! Das Intention von Minister Gröhe hinter diesem Manöver ist, die Beiträge 2017 eben nicht steigen zu lassen, denn es ist ja ein Wahljahr. Diese 1,5 Milliarden Euro werden nämlich an die Krankenkassen verteilt, damit die ihre Beiträge aufgrund der finanziellen Belastung durch gestiegene Flüchtlingszahlen nicht erhöhen müssen. Der ebenfalls berichtete Anstieg der Krankenkassenbeiträge hat andere Ursachen. Die Beiträge steigen aus drei Gründen: Überalterung der Gesellschaft (ältere Menschen sind auch kränker), medizinischer Fortschritt (neue, innovative Behandlungsmethoden und Arzneimittel werden immer teurer, aber auch besser) und Leistungsausweitungen, die gegenfinanziert werden müssen. Diesen Teil muss man natürlich nicht zu hoch hängen, denn wir alle wollten diese Leistungsausweitungen, da die Menschen ja auch was für ihre Versicherung bekommen sollen.

Ein richtiger Schritt, um die steigenden Belastungen nicht nur bei den Versicherten abzuladen, wäre die Wiedereinführung der paritätischen Finanzierung durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Zum Schluss vielleicht noch die Anmerkung, dass Flüchtlinge die einen Job haben, genauso Beiträge bezahlen, wie jeder andere. Sie kommen damit wie alle anderen auch für die Krankheitskosten der Gesamtgesellschaft entsprechend dem Solidaritätsprinzip auf. Das ist im Übrigen bei Privatversicherten nicht der Fall.

Mit freundlichen Grüßen
Hiltrud Lotze