Frage an Hiltrud Lotze von Burckhard R.
Hallo, Frau Lotze,
als Rentner mit zuletzt erfolgten lächerlichen Rentenanpassungen von ein-bezw. zweistelligen Größenordnungen, die durch Erhöhungen von Gebühren und Energiekosten mehr als aufgefressen wurden frage ich Sie, wie Sie Ihre Entscheidung zur Diätenerhöhung vor Ihrem Gewissen rechtfertigen. Ich habe die SPD gewählt, also Sie , weil ich eine gerechtere Gesellschaft durch Ihr persönliches Wirken erhofft habe. Meine Stimme sehe ich als vertan an und werde das bei der nächsten BTW 2017 entsprechen würdigen - Darauf können Sie sich verlassen. Nur weiter so GroK - das fördert den Wählerfrust umso mehr!
Burckhard Rhenisch
PS. statt Rentenanpassungen hätte ich als Beispiel auch die Angestellten im Gesundheitsdienst oder in den Sozialdiensten, Verkäuferinnen und Verkäufer , Hotelbedienstete, usw. eben alle, die mit harter Arbeit wenig Geld verdienen.
Sehr geehrter Herr Rhenisch,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage zur Regelung über die Abgeordnetenentschädigung, die wir Anfang 2014 verabschiedet haben.
Das Bundesverfassungsgericht verlangt von den Bundestagsabgeordneten, dass sie über die Höhe ihrer Diäten selbst entscheiden.
Ich persönlich finde es mehr als problematisch, dieser Forderung gerecht zu werden und selber beurteilen zu müssen, was für meine Arbeit eine angemessene Entlohnung ist. Glauben Sie mir, ich hätte auch gerne darauf verzichtet, gleich zu Beginn dieser Wahlperiode dazu eine Entscheidung treffen zu müssen. Aber das Bundesverfassungsgericht hat die Bundestagsabgeordneten dazu wiederholt aufgefordert, denn seit 1977 gibt es die Vorgabe, dass sich die Abgeordnetenentschädigung an der Entlohnung von Bürgermeistern in mittelgroßen Städten und Gemeinden oder Richtern am obersten Gerichtshof orientieren soll. Die Jahresbezüge dieser Personengruppen wurden mit der Abgeordnetendiät allerdings nie erreicht, da die Abgeordneten wiederholt auf die Erhöhung ihrer Entschädigung verzichtet haben. Somit wurde das Gesetz von 1977 nicht umgesetzt, was das Bundesverfassungsgericht bemängelte.
Nun hatte eine unabhängige Expertenkommission 2014 nach der letztmaligen Aufforderung des Bundesverfassungsgerichtes erneut geprüft, an welcher Tätigkeit sich die Höhe der Abgeordnetenentschädigung nun orientieren soll. Das Ergebnis hat die Regelung von 1977 im Wesentlichen bestätigt: die Tätigkeit von Bundestagsabgeordneten lässt sich mit der von Oberbürgermeistern, sowie von Richtern an obersten Bundesgerichten (R 6) vergleichen. Ähnlich wie Richter, sind wir Bundestagsabgeordnete unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Im Durchschnitt vertreten wir 250.000 Menschen aus unseren Wahlkreisen in Berlin und debattieren, erarbeiten und verabschieden Gesetze für 80 Millionen Bundesbürger. Zwischen der Richterbesoldung oder Bürgermeistern mittelgroßer Städte und der Abgeordnetenentschädigung besteht eine Differenz von derzeit ca. 830 Euro.
Ausschlaggebend für meine Zustimmung zu den Neuregelungen vergangenes Jahr war jedoch nicht die Anhebung der Diäten in zwei Schritten um diese 830 Euro, sondern dass ab nächsten Jahr die Entschädigung an den Normallohnindex gekoppelt wird und mit der positiven oder negativen Einkommensentwicklung steigen oder fallen wird. Meiner Meinung nach ist das die einzige Möglichkeit, dem Generalverdacht der „Selbstbereicherung“ entgegenzutreten. Künftig wird damit also ein Automatismus in Kraft treten, ähnlich wie den Rentenanpassungen, die ja auch nicht nach politischem Gusto gekürzt oder erhöht werden, sondern ebenfalls an die Einkommensentwicklung gekoppelt sind.
Ich würde mich freuen, wenn Sie Ihre zukünftige Wahlentscheidung nicht alleine an der Frage der Abgeordnetenentschädigung festmachen, sondern z.B. an dem Thema Rente, dem Mindestlohn, Bildung oder gesundheitliche Versorgung. Vergleichen Sie dann jeweils die Positionen der anderen Parteien mit denen der Sozialdemokratie, bin ich sicher, dass Sie Ihre Wahl noch einmal zu Gunsten der SPD ändern.
Mit freundlichen Grüßen
Hiltrud Lotze