Frage an Hildegard Müller von Joachim P. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
27.06.07
Sehr geehrte Hildegard Müller,
vielen Dank für Ihre Antwort vom 14. Juni auf meine Frage vom 23. 05.07.
Ich würde es sehr begrüßen, wenn Sie mir Ihre Antwort nicht nur an meine private Adresse zusenden, sondern zur Beförderung des demokratischen Diskurses bei www.abgeordnetenwatch.de schalten lassen. Die von Ihnen als Hindernis bezeichnete Anonymität habe ich ja durch Offenlegen meiner Adresse an Ihr Abgeordnetenbüro beseitigt.
Ihr Hinweis in Fragen der Altersversorgung innerhalb der EU, die grenzübergreifende Portabilität von Betriebsrenten einzuführen, um die berufliche Mobilität zu verbessern, verdient alle Ehren bei Abgeordnetenwatch.de diskutiert zu werden. Was halten Sie davon, wenn über den "Deutschland Fond" der SPD Beiträge in das Umlagesystem der Sozialversicherung für abgebaute bzw. exportierte Arbeitsplätze bis zu einer von den Tarifpartnern zu bestimmenden Rentenanwartschaft abgeführt werden, damit wir humaneren Kriterien in der Globalisierung der Volkswirtschaften auch monetär Bahn brechen? Hätte das nicht den Gewinn, daß die Subventionierung des Exports von Arbeitsplätzen entgegen Vorgaben der WTO und IAK eingeschränkt, für den Weltarbeitsmarkt eine Lanze gebrochen würde? Gibt es grundsätzlich juristische Hindernisse bzw. Chancen für europa- , weltweite Öffnungsklauseln unserer Umlagesysteme in der Sozialversicherung?
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Petrick
Sehr geehrter Herr Petrick,
für Ihre E-Mail vom 27. Juni 2007 danke ich Ihnen. Den von Ihnen angesprochenen „Deutschland Fond“, den die SPD vorgeschlagen hat, betrachte ich allerdings mit Skepsis.
Meines Erachtens bleibt bei diesem Modell der individuelle Leistungsanreiz der Mitarbeiter auf der Strecke, da die Erträge des eigenen Unternehmens durch den Fonds sozialisiert werden. Dies hat zur Folge, dass der einzelne Mitarbeiter von der guten Entwicklung seines Unternehmens nicht direkt profitiert. Daneben stellen sich weitere praktische Fragen, beispielsweise auf welche Art und Weise der Bund seine Stimmrechte ausüben würde. Auch bleibt fraglich, ob ein solcher Fond, der keinesfalls frei von staatlichem Einfluss wäre, attraktive Renditen erzielen würde. Zudem ist zu befürchten, dass im Zusammenhang mit dem sog. Deutschland-Fond weitere staatliche Strukturen in Form von Behörden o.ä. geschaffen werden und eine weitere Bürokratie aufgebaut wird.
Gleichwohl sehe auch ich, dass eine direkte starke Beteiligung von Beschäftigten an „ihrem“ Unternehmen gut ist für die Arbeitnehmer und gut für die Betriebe. Denn die höhere Bindung an das eigene Unternehmen stärkt die Unternehmenskultur, schafft zusätzliche Motivation, steigert so die Produktivität und macht Unternehmen gleichzeitig durch eine verbesserte Eigenkapitalausstattung flexibler. Es ist daher das erklärte Ziel der Union, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Erfolg unserer Wirtschaft teilhaben können. Deshalb wollen wir mit dem vor wenigen Tagen vorgestellten Konzept „Betriebliche Bündnisse für Soziale Kapitalpartnerschaften“ staatlich fördern, wenn sich Beschäftigte an Gewinn und Kapital der Unternehmen beteiligen.
Im Folgenden darf ich Ihnen die wichtigsten Punkte unseres Konzeptes nennen:
Damit möglichst viele Arbeitnehmer und Unternehmen die freiwillige Mitarbeiterbeteiligung an Gewinn und Kapital nutzen, steht die staatliche Förderung jedem Beschäftigten offen. Künftig sollen bis zu 1.000 Euro jährlich – aufgeteilt in einen Freibetrag und eine Bruttolohnumwandlung – steuerbegünstigt im Unternehmen angelegt werden können.
Die Beteiligungen sollen steuerfrei in Altersvorsorgepläne überführt werden können. Damit verbinden wir die Soziale Kapitalpartnerschaften mit der Altersvorsorge. Kapitalbeteiligungen sollen nicht generell per Gesetz vor Insolvenz geschützt werden, weil das die Rendite reduzieren kann. Wer aber seine Anlage verbindlich sichern will, muss dazu die Möglichkeit über solide Versicherungsmodelle zur Absicherung erhalten. In dem Zusammenhang wären auch Einlagesicherungsmodelle denkbar, wie sie bereits im Bankensektor üblich sind.
Wir streben Lösungen auf betrieblicher Ebene an. Denn die Kapitalbeteiligung soll – als freiwillige Leistung des Arbeitgebers – aufgebracht werden, mit dem Vorteil, dass die ausbezahlten Gewinnbeteiligungen im Unternehmen verbleiben.
Das Unions-Modell der Sozialen Kapitalpartnerschaft setzt also auf eine direkte Beteiligung der Arbeitnehmer an „ihrem Unternehmen“ anstatt eines anonymen Fonds. Dabei wird es den Interessen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gerecht.
In den kommenden Monaten werden wir innerhalb der Koalition über die beiden Modelle beraten. Dabei werden dann sicherlich auch noch Detailfragen erörtert. Ich bin zuversichtlich, dass es uns gelingt eine gemeinsame Koalitionsinitiative zur Mitarbeiterbeteiligung zu starten.
Mit freundlichen Grüßen
Hildegard Müller