Frage an Hermann Hofstetter von Claudia K. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Hofstetter
Mich würde Ihre Meinung zum gegliederten Schulsystem interessieren. Welche Vorteile sehen Sie darin, im Vergleich zum Modell "Gesamtschule"?. Welche Veränderungen sollen konkret in Angriff genommen, in Hinblick auf die aktuelle Situation?
Sehr geehrte Frau Kaleve,
vielen Dank für Ihre Frage die ich wie folgt beantworte:
Ich setze mich besonders ein für ein Schul- und Bildungssystem, das die Fähigkeiten der einzelnen Menschen bestmöglich fördert, das Lernen mit allen Sinnen beinhaltet und die Entfaltung des Einzelnen im Rahmen seiner Möglichkeiten zum Ziel hat. Dabei geht es um Chancengleichheit, deren Ziel nicht darin besteht, möglichst viele Kinder zum Abitur zu bringen.
Die ÖDP vertritt ein ganzheitliches Bildungskonzept. Dementsprechend soll die Schullandschaft möglichst vielfältig sein. Dazu gehören sowohl ein dreigliedriges, durchlässiges Schulsystem als auch Gesamtschulen und Modelle freier Träger. Staatlich anerkannte und genehmigte private Schulen sind staatlichen Schulen gleichzustellen. Ganztagesschulen und Ganztagesbetreuungsangebote sollen bedarfsgerecht das bisherige Schulangebot ergänzen.
Während der ersten 6 Schuljahre soll der Unterricht mit innerer Differenzierung für alle gemeinsam erteilt werden. Im dreigliedrigen Schulsystem erfolgt danach die äußere Differenzierung in Hauptschule, Mittelschule und Gymnasium. Dies verbessert die Entscheidungsgrundlage für die Schulempfehlung erheblich und führt zu einer besseren Förderung lernschwacher Schüler. Die Durchlässigkeit zwischen den Schultypen ist in beiden Richtungen signifikant zu erhöhen.
Die ÖDP will ein neues Hauptschulkonzept realisieren, bei dem Projektunterricht und häufige, ausgedehnte Praktika einen besonders praxisorientierten Unterricht unterstützen. Dabei sollen neuartige Unterrichtsinhalte wie etwa Ökologie, Landwirtschaft und Ernährung, Technisch-Kreatives Grundwissen, Soziales Verhalten, Gesundheit, Umgang mit Geld, eingeführt bzw. deutlich stärker vermittelt werden. Außerdem müssen in jeder Lerngruppe zusätzliche Tutoren eingesetzt werden, um auch auf Kinder aus schwierigem sozialem Umfeld eingehen zu können. Ein noch intensiverer Kontakt zu den lokalen Betrieben als bisher soll Zukunftsperspektiven eröffnen, die die anderen Schultypen so nicht bieten können.
Die ÖDP tritt für eine Qualitätsoffensive ein. Die Lehrerausbildung ist stärker didaktisch auszurichten, ohne dass sich dabei die fachliche Ausbildung verschlechtert. Die kontinuierliche Weiterbildung der Lehrkräfte auch im Hinblick auf Konfliktbewältigung und Führungskompetenz ist sicherzustellen. Eine zweite pädagogisch gebildete Kraft in der Klasse dient zB zur Einzelförderung.
Die ÖDP fordert die verstärkte Integration von Kindern aus anderen Sprachbereichen und Kulturen, die gezielte Förderung lernschwacher Kinder durch zusätzliche Maßnahmen, aber auch die Förderung besonders begabter Kinder zB im Rahmen selbst gewählter Projekte. Die Integration von behinderten Kindern in den Regelunterricht ist im Rahmen des Möglichen anzustreben.
Mitmenschlichkeit, soziale Sensibilisierung sowie Erfahrungen in der Arbeitswelt sind durch das Angebot von Sozial- und Betriebspraktika zu fördern. Je nach Schultyp ist dieses Angebot zu intensivieren.
Grundsätzlich ist der seit Jahrzehnten verfolgte Irrweg, dass Wissensvermittlung vor Vermittlung sozialer Kompetenz geschieht, schnellstens aufzugeben! Um die Aufgaben der Zukunft zu bewältigen brauchen wir keine „Fachidioten“ sondern aufgeklärte, selbstbewußte Persönlichkeiten mit dem Wissen um die eigenen Fähigkeiten, die Zusammenhänge der Schöpfung und optimal ausgebildeten Fähigkeiten des Zusammenlebens und Zusammenarbeitens.