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Heribert Hirte
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Frage von Ole H. •

Frage an Heribert Hirte von Ole H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Hirte,

wie ist Ihre Position zu automatisierter Gesichtserkennung im Rahmen öffentlicher Videoüberwachung? Wie würden Sie abstimmen, wenn diese im Bundestag beschlossen werden soll? Glauben Sie, dass sie eine Gefahr für die Demokratie und die Persönlichkeitsrechte der Bürger darstellt?

Mit freundlichen Grüßen,
O. H.

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Sehr geehrter Herr Humbracht,

im Hinblick auf Technologien, die eine automatisierte Gesichtserkennung möglich machen, muss natürlich genau abgewogen werden, wo der Mehrwert an Sicherheit die Beeinträchtigung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung überwiegt. Um hier zu entscheiden, muss der Umfang möglicher „falscher Treffer“ berücksichtigt werden. „Intelligente“ Kameras können einen erheblichen Mehrwert an Sicherheit bringen, da insbes. Straftäter und Terrorverdächtige viel einfacher erkannt und festgenommen werden können.

In den vergangenen Jahren sind einige, um es beim Namen zu nennen, feige Anschläge auf beispielsweise Obdachlose oder andere gänzlich zufällig gewählte Opfer in öffentlichen Verkehrswegen nur dank Kameraaufnahmen aufgeklärt worden. Doch besteht hier laut den Ermittlungsbehörden weiterhin Optimierungspotential in der Analyse von Bildaufnahmen. Programme zur intelligenten Gesichtserkennung ersetzen praktisch das - ja ebenfalls fehleranfällige - Auge des Polizisten, können aber eine ungleich größere Zahl an Menschen erfassen, ohne z.B. rasch zu ermüden.

Die Abwägung spricht deshalb im Ergebnis für einen Einsatz in klar umrissenen Grenzen: Die Beeinträchtigung der Grundrechte der Passanten ist gering, sofern die Technik nur an sicherheitsrelevanten bzw. -gefährdeten Orten zum Einsatz kommt. Die Technik ist - wie ein Test am Bahnhof Berlin-Südkreuz gezeigt hat - mittlerweile so ausgereift, dass die Quote „falscher Treffer“ insbesondere durch Kombination mehrere Systeme verschwindend gering ist. Und schließlich soll auch in Zukunft immer nur der Mensch (und nicht automatisch die Technik) entscheiden: Führt der Abgleich der Kamera-Daten mit den Polizei-Daten zu einem Treffer, muss die Polizei prüfen, ob es sich tatsächlich um eine Übereinstimmung handelt, um dann tätig werden zu können. Zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor erheblichen Gefahren müssen die Sicherheitsbehörden eines demokratischen Staates diese Technik nutzen dürfen.

Eine wesentliche Frage gilt der Datensicherheit und der Zugriffsrechte der Behörden; hier gilt es vom Gesetzgeber entsprechende transparente, nachvollziehbare und kontrollierbare Regelungen zu schaffen, die Gefahren für die Persönlichkeitsrechte unserer Bürgerinnen und Bürger von vorherhinein ausschließen.

Anzumerken bleibt, dass die eigentliche Gefahr für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht durch den (demokratischen) Staat, sondern durch private Unternehmen droht: Viele Menschen nutzen schon heute Kameras mit Gesichtserkennung, z.B. in ihren Handys, ohne genau zu wissen, was Unternehmen wie Apple mit den Daten im Einzelnen tun.

Aus gegebenen Anlass darf ich Sie auch auf folgende Veranstaltung/Videokonferenz der Konrad-Adenauer-Stiftung am 17. Juni 2020 aufmerksam machen: „Innenpolitisches Frühstücksgespräch „Polizeiliche Gesichtserkennung“ (https://www.kas.de/documents/259586/9288563/2020_06_17+Gesichtserkennung.pdf/6890fff4-76cf-efca-f6dd-761bab168344?).

Mit freundlichen Grüßen

Heribert Hirte