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Heribert Hirte
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Frage von David L. •

Frage an Heribert Hirte von David L. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Hirte,

da Sie Abgeordneter meines Wahlkreises Köln II sind, möchte ich mich mit einer BItte um Erklärung an Sie wenden. Sie haben laut abgeordnetetenwatch.de für die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit Albanien gestimmt. Mich würden Ihre Beweggründe interessieren. Schon durch die EU-Osterweiterung (Baltikum, Polen, später Rumänien und Bulgarien) sind für kriminelle Banden Tür und Tor geöffnet worden. Straftäter aus diesen Ländern sind weit vorne in den Deliktsbereichen des Wohnungseinbruchs und der Kfz-Kriminalität. Hochwertige Kfz werden nachweislich in Deutschland entwendet und auf schnellsten Wegen nach Osteuropa verbracht. Als Polizist weiß ich hier, wovon ich spreche.

Jetzt möchte man mit Albanien die nächste Hochburg krimineller Banden in die EU aufnehmen? Ist das Ihr Ernst? Albanische Banden dominieren den Drogenhandel in Europa. Man holt sich so das nächste Kriminalitätsproblem als EU-Bürger ins Land. Vielen Dank hierfür. Zum Glück hat wenigstens FRankreichs Präsident Macron noch einen Funken Vernunft.

Mit freundlichen Grüßen

D. L.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Lukas,

haben Sie Dank für Ihre Zuschrift.

Der Annäherungsprozess Albaniens an die Europäische Union dauert bereits länger an, als es zunächst erscheinen mag. Wie für alle anderen Staaten des Westlichen Balkans besteht auch für Albanien die Perspektive eines Beitritts zur Europäischen Union – das hat der Europäische Rat in Thessaloniki im Jahr 2003 ausdrücklich festgestellt. 2009 hat das Land den Antrag auf EU-Mitgliedschaft gestellt. Im Juni 2014 wurde Albanien Beitrittskandidat, nachdem die EU-Kommission einen Bericht über die Fortschritte Albaniens bei der Umsetzung von Reformen im Bereich Justiz und beim Kampf gegen Korruption und organisiertes Verbrechen vorgelegt hat. Dieser hatte Albanien hinreichende Fortschritte attestiert. Bei der Bestätigung des Status eines Beitrittslands wurde vom Europäischen Rat allerdings deutlich die Erfüllung der verbleibenden fünf Schlüsselkriterien als Voraussetzung für die weitere EU-Annäherung Albaniens bekräftigt.

Der Rat für Allgemeine Angelegenheit am 26. Juni 2018 hatte nach positiver Empfehlung der EU-Kommission die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen für Juni 2019 in Aussicht gestellt. Voraussetzung hierfür sind Fortschritte in den fünf Schlüsselprioritäten (Justizreform, Verwaltungsreform, Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität (OK), Menschenrechte). Der Länderbericht der EU- Kommission vom 29. Mai 2019 empfiehlt erneut die Aufnahme von EU- Beitrittsverhandlungen.

Wie Sie sehen, hat schon der Annäherungsprozess Albaniens an die Europäische Union für Fortschritte gesorgt, unzweifelhaft müssen aber weitere folgen. Wie Sie auch richtig ansprechen, betreffen die Probleme Albaniens in der Kriminalitätsbekämpfung nicht nur das Land selbst, sondern stellen eine gesamt-europäische Herausforderung dar. Deswegen ist es von deutschem Interesse, insbesondere die Rechtsstaatlichkeit und Kriminalitätsbekämpfung in Albanien zu verbessern. Ich sehe die Aufnahme Albaniens damit weniger als Gefahr des Imports von Kriminalität als vielmehr als Chance, dass die Verhältnisse dort verbessert werden können. Denn Daten- oder Informationsaustausch – das hatten uns die Vertreter der deutschen Sicherheitsbehörden vor Ort sehr deutlich gemacht – funktionierten nur auf der Grundlage der Perspektiven eines Beitrittsprozesses.

Ich selbst habe mir im Rahmen einer Delegationsreise nach Albanien im Jahr 2018 einen Eindruck verschaffen können, welche Herausforderungen es noch zu bewältigen gibt, bevor Albanien Vollmitglied der Europäischen Union werden kann. Lesen Sie hierzu gerne die Gemeinsame Erklärung aller Teilnehmer der Delegationsreise aus dem Jahr 2018: https://www.bundestag.de/presse/pressemitteilungen/2018/pm-181102-reise-recht-kosovo-albanien-576812.

Unsere Erfahrungen wurden unter anderem auch mit dem Beschluss des Deutschen Bundestages vom 24. September 2019 festgehalten: Die Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Justizsystems muss wiederhergestellt sein und der Beschluss einer Wahlrechtsreform vorliegen. Bis zur tatsächlichen Eröffnung von Kapiteln müssen weitere Bedingungen erfüllt sein wie etwa die Einleitung von Verfahren gegen belastete Richter und Staatsanwälte. Daher sollen bei den Verhandlungen die Kapitel über Rechtsstaatlichkeit und Justiz als erste geöffnet und als letzte geschlossen werden. Von großer Bedeutung ist im Übrigen: Wenn die Europäische Union im Westbalkan keine Perspektiven eröffnet, würden die Türkei und China dieses Vakuum nutzen – was sie schon jetzt versuchen.

Mit freundlichen Grüßen

Heribert Hirte