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Heribert Hirte
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Frage von Christoph K. •

Frage an Heribert Hirte von Christoph K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Hirte,

soeben habe ich die Wahlpruefsteine von Transparency Deutschland (TID) zu den Themen Lobbyismus, Unternehmensverantwortung, Hinweisgeberschutz, Transparenzgesetze, Bankenaufsicht studiert. Leider ist die UNION die einzige Partei, die diesen meiner Ansicht nach aeussert wichtigen Themenfelder keinerlei Beachtung schenkt und offenbar keine Absicht hat Verbesserungen in den Bereichen zu erwirken (hier ggf. der Link zum Nachlesen: https://www.transparency.de/Positionen-der-Parteien-zu-den.2872.0.html ).

In Anbetracht der Tatsache, dass intransparente bzw. korrupter Strukturen (Der TID-Newsletter zeigt uns woechentlich, dass wir in Deutschland nicht frei von diesem Problem sind) dazu beitragen, dass wir bei bestimmten Herausforderungen die falschen, weil unlauter beeinflussten, Entscheidungen treffen. Dies fuehrt dazu, dass immer groessere Bevoelkerungsschichten politikverdrossen werden und im schlimmsten Fall rechts waehlen. Die Menschen sehnen sich nach Integritaet und moralisch motivierten Fuehrungspersoenlichkeiten. Mangelnde Integritaetsinitiativen der deutschen Politik fuehren dazu, dass sich die Waehler irgendwann durch Kampagnen wie vergleichsweise die "Drain the Swamp"-Kampagne von Trump gewinnen lassen werden. Ich prognostiziere: Wenn Sie weiterhin die notwendigen Transparenzinitativen in Deutschland vernachlaessigen, verantworten Sie den Schaden an der deutschen Demokratie.

Vergewissern Sie sich anhand zahlreicher, internationaler Studien von Gallup, Trust Barometer (www.edelman.com), der gerade veroeffentlichten Millenial-Studie shaperssurvey2017.org, etc., dass Korruption mittlerweile die Hauptsorge und -angst der Weltbevoelkerung ist. Ignorieren Sie dies nicht laenger. Beziehen Sie Stellung und aendern Sie die Marschrichtung der UNION diesbezueglich.

Um meinen Beitrag mit einer Frage abzuschliessen: Was sind Ihre Gedanken diesbezueglich?

Mit demokratischen Gruessen,
C. K.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Kowaleski,

vielen herzlichen Dank für Ihre Zuschrift. Es freut mich, dass, wenn ich Sie richtig zuordne, Sie sich nicht nur privat als Mitglied von Transparency Deutschland ( https://ptfund.org/staff/christoph-kowalewski/ ), sondern auch beruflich als freelancing anti-corruption consultant mit den von Ihnen angesprochenen Themen auseinandersetzen. Insofern ist Ihnen die ausführlich - auch von der Union - geführte Diskussion über die Erweiterung von Transparenz und das Für und Wider sicher sehr gut bekannt. Zudem habe ich auch Herrn Neumann kürzlich in gleicher Angelegenheit bereits geantwortet ( https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/prof-dr-iur-heribert-hirte/question/2017-09-03/288672 ). Insofern verweise ich zunächst hierrauf.

Dass übrigens in dem Wahlprogramm der Union zu den von Ihnen vorgetragenen Themen keine Punkte enthalten sind, heißt nicht, dass die Union hierzu nicht positioniert wäre. Vielmehr wäre hier der "klassische" Weg, die Partei im Rahmen von Wahlprüfsteinen zu befragen, erfolgversprechender gewesen. Wie Sie wissen, ist ein Parteiprogramm immer nur ein Auszug der Positionen einer Partei - gerade wenn man mit dem Status quo zufrieden ist, wird man eher auf die Nennung entsprechender Positionen verzichten.

Gerne aber in aller Kürze meine Positionen:

* Interessen offen legen – Lobbyismus regeln

Der Teufel steckt wie immer im Detail: Wenn Sie fragen, ob man kontrollieren sollte, ob und wie Lobbygruppen konkret Einfluss auf Gesetze nehmen, muss im nächsten Schritt gefragt werden: Wer überprüft das und kann man das überprüfen? Aus meinen Erfahrungen im Gesetzgebungsprozess muss ich Ihnen mitteilen, dass viele verschiedene Interessengruppen regelmäßig auf mich zukommen. Dazu gehören Industrieverbände, Gewerkschaften, Umweltverbände, Vereine, Bürger und viele andere Gruppierungen - sowie natürlich Einzelpersonen. Ich sehe es als meine Aufgabe an, einen Interessenausgleich anzustreben, von dem die Gesellschaft insgesamt am meisten profitiert. Auch gehe ich aktiv auf Interessenverbände aller Couleur zu - und habe auf meiner Homepage den Großteil der erhaltenen Stellungnahmen veröffentlicht - werfen Sie gerne darauf einen Blick. Natürlich könnte man wirklich jede Stellungnahme und jeden Bürgerbrief, der uns erreicht, dokumentieren. Dann hätten meine Mitarbeiter aber vermutlich nichts anderes mehr zu tun. Diesen Mehraufwand für alle Bundestagsabgeordneten muss der Steuerzahler dann konsequenterweise tragen - ob es nutzt, ist fraglich.

* Unternehmensverantwortung fördern und fordern – schwarze Schafe sanktionieren

Deutschland verfügt bereits über strenge gesetzliche Regelungen im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts. Auch im Bereich der CSR-Berichterstattung konnte ich als Berichterstatter einen guten Kompromiss zwischen den Transparenzinteressen der Nichtregierungsorganisationen und dem Interesse, Unternehmen nicht übermäßig zu belasten, schaffen. Letztlich ist aber auch hier immer die Frage der "Aufgabenverteilung": Müssen Unternehmen sich selbst belasten oder ist es nicht vielmehr Aufgabe des Staates, Unternehmen und Managern ein Fehlverhalten nachzuweisen. Gerade was einzelne Personen anbelangt, bin ich als Professor für Rechtswissenschaft überzeugt von dem Grundsatz, dass sich niemand selbst belasten muss.

* Hinweisgeber ermutigen – Zivilcourage fördern

Whistleblowerschutz hört sich auf den ersten Blick gut an - führt aber letztlich zu einem Bruch des Vertrauensverhältnisses zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Dies gilt umso mehr, wenn sich die Vorwürfe des Mitarbeiters nicht bewahrheiten, aber dadurch, dass er an die Öffentlichkeit gegangen ist, bereits ein massiver (Image-)Schaden für das Unternehmen entstanden ist. Denn Sie wissen so gut wie ich, dass alleine schon der Verdacht einer "Verfehlung" zum Imageschaden führt - ob er sich letztlich bewahrheitet, spielt in den Medien selten eine prominente Rolle. Ich bin vielmehr für eine konsequente innerbetriebliche Aufklärung und weisungsunabhängige Complianceabteilungen in allen großen Unternehmen.

* Mut zur Offenheit – Informationen ins Netz

So gut sich Transparenz anhört - so sehr muss man auch die Kosten betrachten. Informationen, die einfach online zu stellen sind, sollte man auch online finden. Umfangreiche Recherchen sollten jedoch weiterhin kostenpflichtig sein - Bürgeranfragen sollten nicht Behörden lahmlegen können.

Gerne stehe ich Ihnen auch für ein persönliches Gespräch zur Verfügung.

Ihr

Heribert Hirte