Frage an Heribert Hirte von Petronella S. bezüglich Familie
Wie stehen sie zum thema ALTERSARMUT und RENTENERHÖHUNG.
Wie kann der alte Mensch geholfen werden ?
Ich meine HEUTE, nicht in ferner Zukunft !
Sehr geehrte Frau S.,
vielen Dank für Ihre Frage. Richtig ist, dass gerade viele Babyboomer wahrscheinlich nach dem Ende ihres Erwerbslebens auf Grundsicherung angewiesen sein werden.
In Bezug auf Altersarmut muss man deutlich sagen, dass die betroffenen Rentenempfänger eine höhere Rente hätten erzielen können, hätten sie zu Erwerbszeiten ein höheres Einkommen erzielt oder wären länger erwerbstätig gewesen (die zwei Hauptgründe für Altersarmut - http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-06/studie-berteslmann-altersarmut ). Hier steht es weder mir noch dem Staat zu, die entsprechenden Erwerbsbiographien zu bewerten. In vielen Fällen mögen Kindererziehungszeiten eine Rolle spielen - Zeiten in denen sich ein Ehepaar bewusst dafür entschieden hat, dass "sie" zu Hause bleibt und "er" weiterarbeitet - mit den entsprechenden Folgen für die Rentenpunkte. Insofern ist bei Ehepaaren stets die Rente beider Partner zusammen zu sehen. Aber mit der stärkeren Anrechnung von Kindererziehungszeiten bereits zu Beginn der Legislaturperiode haben wir hier schon ein starkes Zeichen gesetzt, so wie andererseits die Teil-Absenkung des Renteneintrittsalters ein falsches Signal war. Eine Erhöhung einer geringen Rente um 10 %, bzw. auf 50 % des früheren durchschnittlichen Erwerbseinkommens würde bei den meisten Alters-Armen keinen großen Unterschied in absoluten Zahlen machen.
Lebenseinkommen und Erwerbsdauer sind jedenfalls zwei Punkte, die sich im Nachhinein nicht mehr korrigieren lassen. Deshalb greift der Staat auch eben diesen Bürgerinnen und Bürgern durch vielfältige Leistungen wie "Hartz 4", Wohngeld und in vielen Städten auch z.B. mit einem Sozialticket für den ÖPNV und vergünstigten Eintritten unter die Arme. Zudem ist seit kurzem auch möglich, über das normale Rentenalter hinaus zu arbeiten (das hat die CDU durchgesetzt) und dabei zusätzliche Vorteile für die Rente zu erarbeiten (sog. Flexi-Rente). Alles was darüber hinausgeht, würde die jetzigen Beitrags- und Steuerzahler zusätzlich belasten, wobei sich die moralisch-ethische Frage stellt, wie dies zu rechtfertigen ist. Dies gilt umso mehr, als den meisten heute oder in Zukunft von Altersarmut Betroffenen bereits im erwerbsfähigen Alter ihre zukünftige Rentenhöhe - zumindest in Ansätzen bewusst war (oder hätte bewusst sein können).
Insofern, um das Thema abzurunden, ist für mich eine solide staatliche Rentenpolitik Teil des gesamten Sozialsystems, das Menschen, die aus Altersgründen nicht mehr arbeiten können, ein auskömmliches Einkommen bietet und gleichzeitig berufstätige Menschen durch Beiträge und Steuern nicht unnötig belastet. Dies ist eine unglaublich schwere Abwägung - wie bei sämtlichen Sozialleistungen (hierzu auch: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/arm-und-reich/steigt-der-bruttoverdienst-fallen-sozialleistungen-weg-15130846-p2.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2 ).
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Ich wünsche mir eine gute Alterssicherung für alle Bürgerinnen und Bürger! Meine Ausführungen machen aber deutlich, dass es bei der Rentenpolitik keine einfachen Lösungen gibt. Eine vereinfachte Forderung nach „Mehr“ wird den Schwierigkeiten, mit denen unsere Gesellschaft bei der Rente konfrontiert ist, nicht gerecht und wäre gegenüber sehr vielen Einzahlern (aktuellen und früheren) unfair. Jeden, der bei diesem Thema einfache Antworten verspricht, halte ich dabei für unseriös.
Ihr Heribert Hirte