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Frage von Gesine H. •

Frage an Heribert Hirte von Gesine H. bezüglich Verbraucherschutz

Werden sie sich dagegen einsetzen, dasss CETA ohne parlamentarische Zustimmung "vorläufig" in Kraft tritt?

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Hopstein,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Es freut mich sehr, dass Sie die parlamentarische Kontrolle als ein so wichtiges Gut hochhalten - vielfach wird ja in Bezug auf völkerrechtliche Verträge (z.B. beim Kyoto-Protokoll) uns Parlamentariern vorgeworfen, wir würden die Wirksamkeit eines Abkommens nur unnötig verzögern. In Bezug auf CETA darf ich Ihnen aber versichern, dass die nötige parlamentarische Zustimmung vor dem vorläufigen Inkrafttreten erfolgt ist.

CETA ist ein Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada. Im Lissabon-Vertrag haben die europäischen Staaten bzw. ihre demokratisch legitimierten Regierungen der Übertragung der handelspolitischen Kompetenzen auf die Europäische Union zugestimmt - die EU ist also in erster Linie für CETA zuständig. Um die demokratische Legitimierung zwischen der EU und den nationalen Parlamenten zu regeln, gibt es ein Verfahren, welches genau im Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschen Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBBG) geregelt ist (hier finden Sie das Gesetz und Erläuterungen dazu: https://www.gesetze-im-internet.de/euzbbg_2013/BJNR217000013.html ; https://www.bundestag.de/blob/479180/e904ebfef04badc27a1aaaa73947b07f/wd-3-204-16-pdf-data.pdf ), um eine demokratische Legitimierung zu gewährleisten.

Nach Einschätzung der Europäischen Kommission aus dem Sommer 2016 handelt es sich bei CETA um ein "gemischtes" Abkommen, das auf EU- und auf nationalstaatlicher Ebene verabschiedet werden muss. Dies beinhaltet auf EU-Ebene auch eine Abstimmung im Europäischen Parlament, das ebenfalls von den Bürgerinnen und Bürgern der Union demokratisch gewählt worden ist. Die Abstimmung darüber erfolgte erfolgreich am 15. Februar 2017. Schon während des Verhandlungsprozesses hat sich der Deutsche Bundestag aber parallel bereits auf vielen Ebenen intensiv mit CETA im Rahmen des EUZBBGs auseinandergesetzt. Dies bezeugen Diskussionen in den Ausschüssen und Debatten im Parlament (z.B. https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2016/kw36-pa-wirtschaft/436262). Dies können Sie ausführlich auf der Homepage des Deutschen Bundestages nachvollziehen. Auch ich selbst war daran im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union und im Rechtsausschuss beteiligt, und ich habe Reden dazu im Bundestag gehalten (u.a. https://www.bundestag.de/mediathek?videoid=7064818#url=L21lZGlhdGhla292ZXJsYXk=&mod=mediathek ). Diese demokratische Debatte hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 13. Oktober 2016 auch bestätigt ( https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2016/bvg16-071.html ) - auch hieran war ich als Vertreter des Deutschen Bundestages in Karlsruhe beteiligt. Eine intensive Debatte der demokratisch gewählten Vertreter im parlamentarischen System ist daher auf vielen Ebenen gewährleistet.

Die Teile, deren Kompetenz nicht eindeutig bei der EU liegt, müssen auch in den nationalen Parlamenten verabschiedet werden. Dies wird für den Deutschen Bundestag vermutlich in der nächsten Wahlperiode der Fall sein. Bis dahin sind die bereits verabschiedeten Teile von CETA vorläufig in Kraft.

Um Ihre Frage aber zu beantworten: Als Europäer und Demokrat unterstütze ich die vorläufige Anwendbarkeit der europäischen Teile von CETA in vollem Maße. Eine Infragestellung der demokratischen Legitimation ist nicht angezeigt und gefährdet das europäische Projekt, das sehr auf Demokratie und Mehrheitsabbildung angelegt ist. Ich glaube sogar, dass es kaum ein Gesetz gibt, das demokratisch mehr abgesichert sein kann - auf europäischer und nationalstaatlicher Ebene. Daher finde ich auch gut, wenn im Zweifel von Zuständigkeiten demokratische Abstimmungen abgehalten werden, wie in diesem Fall.

Mit freundlichen Grüßen

Heribert Hirte