Frage an Heribert Hirte von Michael F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Hierte.
Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Artikel 16a lautet.
Absatz (1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
Absatz (2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist.
Meine Frage: Handelt es sich bei der überwiegenden Mehrzahl der Menschen, den sicherlich bedauernswerten Flüchtlingen, um solche, die aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat kommen? Ist es in Folge der Einreise dieser Menschen, unbenommen verständlicher humanitärer Aspekte, nicht zur Verletzung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland Artikel 16a gekommen?
Mit freundlichen Grüßen
Michael B. Flöter
Sehr geehrter Herr Flöter,
wenn auch recht spät meine Antwort an Sie:
Ihnen und mir ist natürlich bewusst, dass nur eine verschwindend geringe Anzahl von Schutzsuchenden auf direktem Weg in die Bundesrepublik auf dem Flugweg einreist.
Ansonsten handelt es sich - wie Sie sicherlich aber auch wissen - bei den Grundrechten um Rechte von Menschen gegenüber dem Staat. Insofern könnte eine Verletzung von Art. 16a GG durch den Staat nur dann vorliegen, wenn er das Asylrecht gegenüber Berechtigten nicht gewährleisten würde. Ob die Aufnahme der hohen Anzahl von Flüchtlingen, die über andere EU-Mitgliedsstaaten in die Bundesrepublik eingereist ist, gegen einfaches Recht oder Europarecht verstößt, möchte ich gerne meinen verwaltungsrechtlichen Kollegen überlassen - eine einheitliche Meinung ist mir hier nicht bekannt. Persönlich sehe ich jedoch keine rechtlichen Probleme, wenn der Staat einzelnen Menschen mehr gewährt, als ihnen zusteht.
Und falls Sie auf die Dublin-Verordnung(en) anspielen: Fraglich ist auch hier, ob nicht Deutschland zu seinen Ungunsten davon abweichen darf: Denn nach allgemeinem Verständnis ist es sehr wohl möglich auf die Durchsetzung von Regeln zu verzichten, die ausschließlich dazu bestimmt sind, einen selbst zu schützen - hier diente die Dublin-Verordnung lediglich dazu, Deutschland vor einem Zuzug von Flüchtlingen zu schützen. Ich persönlich sehe nicht, wie durch die Grenzöffnung und die Durchführung von Asylverfahren in der Bundesrepublik andere EU-Mitgliedstaaten geschädigt wurden. Jedenfalls wurde dies auch bisher meines Wissens nach nicht prominent vorgetragen.
Mit freundlichen Grüßen
Heribert Hirte