Frage an Heribert Hirte von Jörg M. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Hirte,
da ich mich als Wirtschaftsjurist ebenfalls schwerpunktmäßig mit Rechts- und Wirtschaftsfrage beschäftige, würde ich interessieren, ob Sie die Kernvoraussetzungen für die Gewährung von Finanzhilfen aus dem ESM für Greichenland als gegeben ansehen.
Dies wäre zunächst einmal, dass Griechenland den "Fiskalpakt" bis zum 01.03.2013 hätte ratifizieren müssen. Dies ist fristgerecht definitiv nicht erfolgt. Es gibt derzeit in Griechenland keine arbeitsfähige Institution die die Einhaltung des Fiskalpaktes sicherstellt.
Als zweite Voraussetung müsste die Tragfähigkeit der Schulden Griechenlands vor der Gewährung von Hilfe gewährleistet sein.
Griechenland ist de facto Zahlungsfähigkeit. Der Schuldenstand Griechenlads liegt bei 171 % des BIP Griechenlands. Aber einem Schuldenstand von 120 % des BIP wird die Schuldentragfähigkeit eins Landes von Volkswirten für gewöhnlich verneint.
Dann müsste die Stabilität des Euro-Währungsgebietes und seiner Mitgliedstaaten insgesamt gefährdet sind. Der Anteil des BIP Griechenlands am Gesamt-BIP der Eurozone beträgt gerade einmal 2,1 %. Frau Merkel und Herr Schäuble die Führungsspitze sämtlicher Euro-Staaten sowie die EU-Kommission sowie die EZB haben in den letzte Wochen doch immer wieder betont, dass ein Pleite Griechenlands das Währungsgebiet nicht destabilisieren könne. Und nun alles anders ?
Aus meiner Sicht steht hier ein erneuter offensichtlicher Rechtsbruch bevor und Sie als Jursit sollten dies auch wissen. Sie als unser Abgeordneter in Berlin haben unsere Interessen zu vertreten und sind dabei allein ihrem Gewissen verpflichtet und nicht dem Fraktionszwang.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg Merkens
Sehr geehrter Herr Merkens,
vielen Dank für ihre Zuschrift vom letzten Monat.
Inzwischen haben wir August und die Verhandlungen über ein mögliches drittes Hilfspaket für Griechenland schreiten voran. Ähnlich wie Sie hat dieses Thema viele andere Bürgerinnen und Bürger im Wahlkreis, aber auch darüber hinaus, bewegt, die mir ebenfalls geschrieben hatten. Und ebenso gingen der Sondersitzung im Juli über die „Stabilitätshilfe zugunsten Griechenlands“ zahlreiche intensive Diskussionen innerhalb meiner Fraktion, aber auch mit den anderen Fraktionen im Bundestag, voraus. Ich möchte aber betonen, dass die Bundesregierung bei ihren Verhandlungen in Brüssel einen großen Verhandlungserfolg erzielen konnte. So wurde insbesondere Griechenland die Verpflichtung abgerungen, zahlreiche schon lange als überfällig angesehene Reformen ins Werk zu setzen, die inzwischen teilweise schon im griechischen Parlament in Gesetzesform gebracht wurden.
Wie Ihnen aber sicher auch bekannt ist, habe ich dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen auf Erteilung eines Verhandlungsmandats, verbunden mit einer Brückenfinanzierung, nicht zugestimmt - auch, wenn mir dieser Schritt schwer gefallen ist. Wie Sie meiner persönlichen Erklärung entnehmen können ( http://heribert-hirte.de/images/PDF/Persnliche_Erklrung_Griechenland.pdf ), haben mich dabei ähnliche Fragen und juristische Überlegungen geleitet, die auch Sie in Ihrer Frage ansprechen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Heribert Hirte