Frage an Heribert Hirte von Christian S. bezüglich Verkehr
Guten Tag Herr Prof.Dr. Hirte,
Sie haben heute für die PKW Maut gestimmt. Erklären Sie mir bitte, weshalb Sie für ein bürokratisches Monster mit offensichtlich datenschutzrechtlichem Problem (Totalüberwachung der KFZ Halter) gestimmt haben, welches zudem bereits von der EU abgelehnt worden ist. Der Mehrwert von 500 Mio Euro rechtfertigt aus meiner Sicht in keinster Weise die Mittel, die erbracht werden müssen, um die Maut zu erheben.
Wie wird sichergestellt, dass auch nach einer weiteren Ablehnung durch die EU der deutsche Fahrer nicht zusätzlich belastet wird. Für wie viele Jahre wird der Steuernachlass der Maut in der KFZ Steuer bestand haben? Wofür werden die zusätzlichen Einnahmen genutzt und warum werden dazu nicht die bereits aus der KFZ und Mineralölsteuer gewonnenen Gelder verwendet? Welche Firmen profitieren von der Installation der Maut-Infrastruktur. Welche Sicherheitsmaßnahmen wird es zum Datenschutz geben? Welche Möglichkeiten zum Löschen der persönlichen Daten wird es für den KFZ Halter geben, welche Möglichkeiten für den Nutzer des KFZ (denken Sie an Dienst- und Firmenwagen, die auch privat genutzt werden).
Mit besten Grüßen
Christian Scholz
Sehr geehrter Herr Scholz,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Mit Nachfragen zu meinem Abstimmungsverhalten in der Sache „Maut“ habe ich wegen der kontroversen Diskussionen, die hierzu geführt werden, sowie der finanziellen Unwägbarkeiten, die mit Ihrer Einführung verbunden sind, gerechnet. Gerne beantworte ich also Ihre Anfrage.
Zunächst möchte ich auf die zahlreichen Redebeiträge im Plenum des Deutschen Bundestags am 27.3.2015 verweisen, die Sie auf der Seite des Bundestages unter der Registerkarte „Dokumente“ -> „Protokolle“ -> „endgültige Plenarprotokolle“ nachlesen bzw. anschauen können. Hier finden Sie praktisch jedes erdenkbare Argument für und gegen die Maut aufgeführt. Nachdem ich selbst kein Experte für diese Fragen des Europarechts und auch kein Verkehrsexperte bin, vertraue ich hier meinen Kolleginnen und Kollegen innerhalb der CDU/CSU-Fraktion, dass dieses Gesetz selbstverständlich mit dem Recht der Europäischen Union in Einklang steht und auch im Übrigen verhältnismäßig ist.
Lassen mich aber noch kurz ein paar wenige Worte zu Ihren spezifischen Fragen sagen:
Einen offensichtlichen Bruch von EU-Recht kann ich nicht erkennen: Fahrzeuge mit einer ausländischen Zulassung (auf die Nationalität des Halters kommt es gerade nicht an) zahlen sogar für weniger Straßen Maut, als dies für „deutsche“ Kfz der Fall ist. Dem Argument, man dürfe dann nicht zeitgleich die Kfz-Steuer senken, weil dies nur Deutsche bevorzugt, kann ich nicht folgen. Mit diesem Argument dürfte man bei der Einführung der Maut (oder einer sonstigen Gebühr, die [auch] Ausländer belastet) gar keine Steuern in keinem Bereich senken, da eine Steuersenkung in Deutschland immer überproportional Deutsche bevorzugt; schließlich zahlen „Ausländer“ generell nur wenig Steuern in Deutschland…
Auch Ihre datenschutzrechtlichen Befürchtungen halte ich für unberechtigt. Nach dem aktuellen Gesetz und dem Bundesdatenschutzgesetz dürfen die erhobenen Daten nur zweckgebunden verwendet werden und müssen nach einem Abgleich mit der „Mautzahlerdatenbank“ gelöscht werden. Mit unserer Bundesdatenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff bin ich auch überzeugt davon, dass hier genau auf die Einhaltung der Bestimmungen geachtet wird.
Welche Unternehmen letztendlich von der Erhebung der Maut profitieren werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch offen. Hier wird es eine europaweite Ausschreibung geben, bei der das wirtschaftlichste Angebot ausgewählt werden wird. Ich bin dabei überzeugt, dass hier auch deutsche Unternehmen konkurrenzfähige Angebote abgeben werden und damit mit der Maut auch - über die zu schaffenden Verwaltungsposten hinaus - Arbeitsplätze in der deutschen Wirtschaft erhalten bzw. geschaffen werden (wobei es für die Frage des Erhalts oder der Schaffung von Arbeitsplätzen gar nicht darauf ankommt, wo das entsprechende Unternehmen seinen Sitz hat).
Neben den Einnahmen, deren prognostizierte Höhe allerdings sehr variiert, wird trotz verhältnismäßig hoher Erhebungskosten auch ein Anteil zur Staatsfinanzierung geleistet und dies von einer Personengruppe (Nutzer von Kfz mit ausländischer Zulassung), die bisher nicht oder nur in geringem Maße in Anspruch genommen wird. Auch durch diese Einnahmen wird gesichert, dass in anderen Bereichen keine Steuern erhöht werden müssen bzw. dass auch sonst das Leistungsspektrum des Staates nicht zu Lasten der Bürger eingeschränkt werden muss.
Seien Sie aber versichert, dass auch ich Bedenken bezüglich der hohen Erhebungskosten habe - die jetzige Ausgestaltung stellt einen Kompromiss zwischen verschiedenen Interessengruppen dar, den ich jedoch im Interesse auch anderer Projekte der Regierung mittragen kann.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weitergeholfen zu haben. Sollten Sie weitere Fragen und Anregungen zu diesem oder zu anderen Themen haben, sprechen Sie gerne mein Team unter der Rufnummer 030/227-77830 bzw. per Email unter heribert.hirte@bundestag.de an.
Ihr
Heribert Hirte