Frage an Heribert Hirte von Birgit D. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Prof.Dr.Hirte,
auf einem Vortrag der Jobcenter-Mitarbeiterin Inge Hannemann wurden desaströse Arbeitsumstände und unmenschliche Arbeitsanweisungen in den Jobcentern beschrieben.
Gehört hatte ich schon viel von arbeitslosen Menschen selbst, die permanent in sinnlosen, langweiligen und freiheitsberaubenden Maßnahmen in großen Hallen weggesperrt werden, um dort angeblich von Schwarzarbeit und Müßiggang fern gehalten zu werden.
Dabei werden diesen "Bildungsträgern" noch riesige Summen Geldes für diese "Tagesknäste" bezahlt. Kein Arbeitloser traut sich Nein zu diesen "Angeboten" vonseitens der Jobcenter-Mitarbeiter zu sagen, denn dann gibt es eine Sanktion.
Wie inflationär und falsch das Instrument der Sanktionen nun auch trickreich angewandt wird, um die Kassen der Jobcenter zu schonen. So war das vom Gesetzgeber ursprünglich nicht gedacht. Zudem ist die Art der Sanktionen gegen unter 25jährige keine Erziehungmaßnahme, sondern ein Existenzvernichtungsprogramm. Eine positive erzieherische Wirkung wäre gegeben, wenn man erstmal 10% sanktioniert und dann bei jedem weiteren Verstoß in kleine Schritten (10%) höher geht. Wenn ein Junge seinem Vater Ärger macht, schlägt der Vater ihn auch nicht gleich tot, sondern erhöht die Strafen, je nach Schwere eine Tat.
Was gedenken Sie dagegen zu unternehmen, falls Sie gewählt werden?
Sehr geehrte Frau Duncker,
herzlichen Dank für Ihre Frage. Zunächst möchte ich voranschicken, dass Ihre Frage nicht zum meinem engeren Themenbereich gehört (meine besonderen Themenbereiche finden Sie auf meiner Homepage http://www.heribert-hirte.de). Sehen Sie es mir also bitte nach, falls ich bei meiner Antwort den einen oder anderen Punkt übersehen haben sollte.
Wie Sie auch selbst schreiben, sind Sanktionen grundsätzlich ein sinnvolles Mittel, bestimmte Ziele zu erreichen - hier nämlich Menschen wieder in Brot und (sinnvolle) Arbeit zu bringen. Dabei sprechen Sie aber zurecht an, dass das Wie, also die genaue Sanktion immer dem Fall angepasst wird. Auch wenn es sich für Sie zunächst wie eine Worthülse klingen mag - aber Einzelfälle lassen sich schwer in Gesetze packen.
Gleiches gilt für die von der Arbeitsagentur verordneten Maßnahmen. Auch aus meinem eigenen Erfahrungsbild heraus weiß ich, dass diese in einigen Fällen völlig an dem Bedarf der Arbeitssuchenden vorbeigehen. Dies gilt es (natürlich) zu verhindern. Aber auch hier wird man mit gesetzlichen Regelungen wohl nicht weiterkommen, denn es sind letztlich die entsprechenden Sachbearbeiter, die über die konkrete Maßnahme entscheiden. Und Sie werden mir zustimmen, dass diese Sachbearbeiter einen weiten Spielraum haben sollten, um auf die besonderen Bedürfnisse der Arbeitssuchenden eingehen zu können (ob sie es nun im konkreten Fall tun oder nicht).
Vielmehr bedarf es meiner Ansicht nach zumindest zweier Punkte, die ich im Rahmen meiner Möglichkeiten auch angehen werde. Zum einen bedarf es einer besseren Personalauswahl auf Seiten der Arbeitsagentur, denn nur qualifizierte und motivierte Mitarbeiter dort können auf die besonderen Bedürfnisse der unterschiedlichen Arbeitssuchenden eingehen. Zum anderen dürfen nicht bestehende Kontingente bei Maßnahmen dazu führen, dass diese bei freien Plätzen einfach aufgefüllt werden. Hierzu bedarf es einer Flexibilisierung in der Behörde. Dies ist meiner Meinung nach aber im Wesentlichen nur durch eine Besetzung der Führungsebene zu leisten, die eine entsprechende Philosophie in die Arbeitsagentur hineinträgt. Darauf gilt es in der Zukunft noch mehr als bisher zu achten.
Sollten Ihnen aber konkrete gesetzliche Regelungen bekannt sein, die es Ihrer Meinung nach zu ändern gilt, nennen Sie mir diese doch bitte unter hirte@cdu-koeln.de.
Mit freundlichen Grüßen aus Sürth
Heribert Hirte