Frage an Herbert Frankenhauser von Michael F. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Frankenhauser,
trifft es zu dass im Oktober 2001 aufgrund von 9/11 der NATO-weite Verteidigungsfall ausgerufen wurde und wir u.a. aus diesem Grund Truppen zum Kriegseinsatz nach Afghanistan geschickt haben.
Wenn ja, warum wird dann im "offiziellen" Sprachgebrauch der Bundesregierung der dortige Einsatz als"Kampfeinsatz" verharmlost und das Kind nicht beim Namen genannt. nämlich, dass unsere Jungs dort praktisch im vollen Kriegseinsatz stehen.
Warum wird unseren Jungs nicht ausreichende Ausrüstung und passendes Gerät zur Verfügung gestellt, damit sie die Möglichkeit haben besser gegen Bedrohungen durch die Taliban und Al-Kaida vorzugehen?? Ich denke dabei an Kampfhubschrauber und mehr Marder...
Es entsteht der Eindruck, dass unsere Jungs erst Opfer hinnehmen müssen, um gegen die Taliban offensiver vorgehen zu können, wie kann man denn das verstehen??
Wurde eigentlich schon mal das niederländische Modell einer Verzahnung von ziviler Aufbauhilfe und militärischem Schutz sowie verstärkter Ausbildung einheimischer Kräfte geprüft, um es in der Region Kundus zu übernehmen?? Die Holländer scheinen erfolgreicher damit zu sein in ihrer Provinz.
Ich würde mich über sinnvolle Antworten freuen.
mfg
M.Frank
Sehr geehrter Herr Frank,
vielen Dank für Ihre Frage vom 05. Juli 2009 zu dem Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan auf Abgeordnetenwatch.
Die International Security Assistance Force (ISAF) ist eine durch den UN-Sicherheitsrat mandatierte Mission unter Führung der NATO aufgrund der Ursprungsresolution 1386. Ziel der Mission ist die Unterstützung der afghanischen Regierung bei der Schaffung eines sicheren Umfeldes und leistungsfähiger Sicherheitsorgane für den Wiederaufbau Afghanistans.
Da nur durch das gleichzeitige Stärken beider Säulen – zivilen Aufbau und militärischen Schutz – Fortschritte zu erreichen sind, versuchen wir durch die vernetzte Sicherheit hier eine möglichst enge Abstimmung zu erreichen. Dieser Ansatz sieht eine multilateral angelegte, ressortübergreifende Zusammenarbeit vor.
Diese Zusammenarbeit beinhaltet die Schaffung eines Maßes an Sicherheit und den gleichzeitigen Wiederaufbau des über Jahrzehnte zerstörten Landes. Das von Ihnen erwähnte „Holländische Modell“ befolgt die Bundeswehr somit seit Beginn des Einsatzes.
Das diese Ziele, nicht in dem Umfang erfüllt worden sind, wie bei Beginn der Mission beabsichtigt und das die Mittel diese Ziele erfüllen zu können – meiner Meinung nach – nicht zufriedenstellend umgesetzt werden, haben unter anderen dazu geführt, dass ich der Verlängerung des ISAF-Mandats im Deutschen Bundestag nicht zugestimmt habe. Ich möchte aber hier ausdrücklich betonen, dass ich mich nicht gegen den Einsatz an sich ausspreche, sondern dass ich nur die politische Umsetzung und Vermittlung kritisiere.
Der Deutsche Bundestag hat das Mandat der Bundeswehr in Afghanistan so ausgestaltet, dass die Soldaten vor Ort sämtliches für nötig empfundenes Gerät erhalten. Die Bundeswehr hat bisher nicht die Notwendigkeit gesehen, z.B. schwere Panzer und Hubschrauber einzusetzen. Sollte sich dies ändern, werden die Parlamentarier der demokratischen Parteien im Bundestag dies unverzüglich ermöglichen.
Die Frage nach einem „Kampfeinsatz“ der deutschen Soldaten in Afghanistan lässt sich vor dem Hintergrund des deutschen Auftrages des Wiederaufbaus in Afghanistan nicht bejahen. Da die Bundeswehr sich auch nicht in einem klassischen Krieg, welcher per Definition als gewaltsamer Konflikt zwischen zwei souveränen Staaten definiert wird, befindet, ist der Einsatz deutscher Streitkräfte kein Krieg. Nach Artikel 26 des Grundgesetzes ist ein (Angriffs-)Krieg zudem verfassungswidrig. Das Mandat des Bundestages erlaubt der Bundeswehr den Schutz der Zivilbevölkerung, die Sicherung des Landes und den Wiederaufbau.
Vielmehr trifft das neue Fähigkeitsprofil der Bundeswehr „Schützen, Helfen, Vermitteln, Kämpfen“ zu. Dies schließt einen Kampfeinsatz der Streitkräfte nicht aus, sieht ihn jedoch nicht als vorrangig angestrebten Auftrag an, sondern wird den Soldaten vielmehr von den Taliban aufgezwungen.
Dennoch gilt auch weiterhin, wie zuletzt am 24. Juni 2009 vom Bundesminister der Verteidigung erklärt: „Wer uns angreift, der wird auch bekämpft.“ Die Bundeswehr steht den Bedrohungen in Afghanistan nicht wehrlos gegenüber und konnte bislang und wird auch in Zukunft den Herausforderungen in Afghanistan robust und erfolgreich gegenüberstehen um ihren Auftrag der Gewährleistung der Sicherheit und des Aufbaus des Landes durchzuführen.
Ich hoffe, dass meine Antwort Ihnen eine Hilfe sein konnte und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Herbert Frankenhauser, MdB