Frage an Henning Schürig von Rolf-Jürgen E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Henning,
ich habe am Sonntag, dem 12.03. an der Veranstaltung des Türkischen Kulturvereins in Eislingen zum Thema "Einbürgerung" teilgenommen und mit Verwunderung festgestellt, daß die Vertreter der Regierungsparteien - also CDU und FDP - nicht anwesend waren.
In der NWZ war heute - Dienstag - zu lesen, daß diese Kandidaten nicht eingeladen waren. Laut Veranstalter waren sie aber eingeladen.
Darüber würde ich gern deine Meinung hören.
Hallo Rolf,
es ist sehr ärgerlich, wenn die Regierungsparteien sich bei einem heiklen Thema nicht selbst auf´s Podium trauen, sondern einen Beamten vorschicken. Zumal zumindest ein FDP-Zweitkandidat im Publikum saß, wie ich später festgestellt habe.
Wenn die CDU schon solch einen Unsinn wie diesen Gesinnungstest produziert, sollte sie wenigstens auf Podien auch dazu Rede und Antwort stehen. Und die FDP sollte dazu stehen, dass sie sich nicht mehr traut als zu sagen, dass manche Fragen nicht ganz glücklich sind. Dieser Gesinnungstest wird keinen Terroristen herausfischen. Die werden ganz genau die richtigen Antworten kennen. Das heißt der Test bringt nichts, zumindest nichts Positives. Denn er zerstört das Klima zwischen Muslimen und anderen hier lebenden Menschen. In vielen kleinen Schritten wird mühsam an der Integration gearbeitet und dann kommt so ein Test und wirft uns Jahre zurück.
Dieser Test ist eindeutig gegen Muslime gerichtet. Erstens zielen die Fragen ganz klar auf Vorurteile gegenüber Muslimen ab und zweitens heißt es von CDU und Innenministerium, der Fragebogen sei "nicht nur bei Muslimen, sondern auch bei anderen Personen, bei denen man Zweifel habe" anzuwenden. Diese Äußerung habe ich sinngemäß schon mehrfach gehört. Muslime sind also immer verdächtig und manchmal auch andere.
Die CDU versucht damit mit Hilfe von Wählern am rechten Rand auf Stimmenfang zu gehen. Das ist nicht akzeptabel und alle demokratischen Parteien müssten dagegen aufstehen.
Absurderweise würde ein Großteil der CDU-Wählerschaft bei diesen Fragen auch durchfallen, denn Gleichstellung von Frau und Mann und Toleranz gegenüber Homosexuellen waren bei der CDU noch nie besonders beliebt.
Noch ein paar Sätze, was man für die Integration tun kann: Wenn wir das dreigliedrige Schulsystem abschaffen und stattdessen eine neunjährige Basisschule einführen, wo jedes Kind individuell nach seinen Stärken und Schwächen gefördert wird, hilft das gerade auch vielen Migrantenkindern. Sie werden heute meist auf die Hauptschule abgeschoben. Teilweise haben sie zwar genauso gute Noten wie andere Kinder, die eine Gymnasialempfehlung kriegen, aber es heißt dann, ihr Elternhaus spreche nicht dafür, dass der Besuch des Gymnasiums auch erfolgreich sei (Hausaufgaben-Hilfe usw.). Leider kommt man von der Hauptschule kaum noch runter und ist damit um seine Chancen gebracht. Dies kann die Basisschule für alle ändern. Mehr dazu in meiner Antwort auf die Bildungsfrage von Levin Linsler, die ich gleich beantworten werde.
Mit grünen Grüßen
Henning Schürig