Frage an Henning Hintze von Magdi G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
lieber henning hinze, wie stellt sich die Linke ein Exitstrategie für Afghanistan vor?
Sehr geehrter Herr Gohary,
aus Ihrer Frage geht hervor, daß Sie die Behauptung der Regierungsparteien, DIE LINKE wolle einen kopflosen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan, anzweifeln. Natürlich wollen wir keinen "kopflosen" Abzug, das ist eine der vielen Verdrehungen, die wir fortlaufend von Politikern der CDU/CSU und der SPD erleben. Außenminister Steinmeier (SPD) hat diesen Unfug leider vor Millionen Menschen, die im Fernsehen das angebliche Streitgespräch zwischen Bundeskanzlerin Merkel und ihm verfolgt haben, wiederholt. Richtiger werden seine Behauptungen dadruch nicht. Sie sollten in erster Linie von der schweren Fehlentscheidung der Regierung seines ehemaligen Vorgesetzten Gerhard Schröder ablenken, deutsche Soldaten überhaupt nach Afghanistan in den Einsatz zu schicken. (Daß die Grünen unter Josef Fischer das mitgetragen haben, sollte nicht in Vergessenheit geraten.)
Frau Reinhardt aus Aachen hat kürzlich eine ganz ähnliche Frage zu Afghanistan an mich gerichtet (als 2. Fragestellerin), die ich ausführlich beantwortet habe. Bevor ich daraus kurz zitiere, möchte ich grundsätzlich feststellen, daß DIE LINKE der Ansicht ist, daß die Bundeswehr in Afghanistan nichts zu suchen hat. Ihr Einsatz dort trägt im Gegenteil tagtäglich dazu bei, die Aversion gegen jene Länder, die ihnen die todbringenden Bomber ins Land geschickt haben, zu verstärken. Immer häufiger schlägt diese Aversion in blanken Haß um. Das ist die allerschlechteste Voraussetzung, um Frieden zu ermöglichen.
Unsere Forderung nach einem schnellen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan ist - und dies sehen inzwischen zwei Drittel unserer Bürgerinnen und Bürger so - berechtigt und vernünftig. Ein Abzug muß natürlich planmäßig erfolgen. Ich stimme jenen Politikern der Linksfraktion im Bundestag zu, die einen Abzug in sechs bis zwölf Monaten für realisierbar halten.
Meiner Ansicht nach müßten zu einem Friedensprozeß in Afghanistan folgende Bestandteile gehören:
1. Sofortiger Stopp aller Luftangriffe
2. Sofortige Aufnahme von Verhandlungen zwischen der jetzigen Afghanischen Kabuler Regierung mit allen Gruppen des Widerstandes, d.h. Taliban plus X unter der Führung der UN und Einbeziehung regionaler Mächte,
3. Ersetzung der westlichen Truppen durch kleinere UN-Einheiten aus z. B. Indonesien, der Türkei, Ägypten und Marokko, also vorwiegend muslimischen Staaten,
4. Ein Waffenstillstand muss das Ende aller Kampfhandlungen einschließlich der der Taliban beinhalten,
5. Eine Regierung der Nationalen Einheit könnte Neuwahlen organisieren,
6. Jene Länder, die in den vergangenen Jahren die Regierung Karsai mit Truppen unterstützt haben, sollen sich verpflichten, sich am zivilen Wiederaufbau Afghanistans zu beteiligen.
In diesem Zusammenhang möchte ich Sie gern noch auf einen Beitrag des Oberstleutnants der Bundeswehr, Jürgen Rose, hinweisen. Rose hielt auf einer Protestveranstaltung gegen das von der Bundeswehr verursachte Massaker im Anschluß an die Entführung zweier Tanklastwagen auf dem Münchner Odeonsplatz eine Rede, die ich für aufklärerisch im besten Sinne halte. Ich habe mich dafür eingesetzt, daß diese Rede im Wortlaut auf der Webseite www.dielinke-muc.de (ab 15.9.) nachzulesen ist.
Mit freundlichen Grüßen
Henning Hintze