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Frage von Karin Irene N. •

Frage an Henning Hintze von Karin Irene N. bezüglich Wirtschaft

Hat sich die LINKE Ihrer Meinung nach öffentlich und offensiv mit dem neudeutschen UNWORT LEISTUNGSTRÄGER auseinander gesetzt? - Mit dem, was sich dahinter für eine Auffassung von Gesellschaft und Wirtschaft verbirgt - und deren Konsequenzen davon... Wer ist damit gemeint???

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Ney,

entschuldigen Sie bitte, daß ich wegen vieler Wahlkampftermine erst jetzt auf Ihre Frage eingehen kann.

Ihre Skepsis gegenüber dem modischen Begriff Leistungsträger halte ich für allzu berechtigt. Als LINKE haben wir uns damit des öfteren auseinandergesetzt. Oskar Lafontaine ging kürzlich auf einer Wahlkampfveranstaltung auf dem Münchner Marienplatz vor 1.000 Zuhörern nochmals darauf ein.

Als Leistungsträger werden aus meiner Sicht fälschlicherweise jene Menschen bezeichnet, die angeblich besonders wertvolle Leistungen für die Gesellschaft erbringen: Banker, Manager, Unternehmer, Anwälte und Ärzte, allgemeiner gesagt, Menschen in gut bezahlten Stellungen. Die FDP wird Krankenschwestern, Arbeiter, Postboten oder Straßenbahnfahrer sicher nicht zu den Leistungsträgern zählen.

Das verdeutlicht, daß es sich um einen elitären Begriff handelt, der für mich höchst fragwürdig ist. Ohne die Leistung eines Autoingenieurs schmälern zu wollen, dürfte es einsichtig sein, daß z.B. der Facharbeiter, der bei Opel ein Fahrzeug zusammenbaut, ebenfalls eine wichtige Leistung erbringt. Kleine Fehler von ihm könnten einen späteren Unfall zur Folge haben.

Aus meiner Sicht ist der Begriff Leistungsträger diskriminierend und sollte daher überhaupt nicht mehr verwendet werden. Wir sind jahrzehntelang ohne ihn ausgekommen. In der gesamten Nachkriegszeit haben wir noch nie in einer Gesellschaft mit so viel sozialer Ungerechtigkeit gelebt wie jetzt. Daß ausgerechnet die Sozialdemokraten maßgeblich Anteil daran haben, ist bitter, aber die SPD wird teuer für diese Abkehr von ihren traditionellen Werten bezahlen. Immer mehr Stammwähler wenden sich von ihr ab.

Sie haben sicherlich den FDP-Wahlslogan "Leistung muß sich wieder lohnen" gelesen. Das sagt ausgerechnet diejenige Partei, die erbittert Mindestlöhne zu verhindern versucht. Die FDP - und mehrheitlich auch die CDU/CSU - halten es für richtiger, daß Friseurinnen, Altenpflegerinnen und Erzieherinnen mit Niedrigstlöhnen abgespeist werden und staatliche Lohnzuschüsse in Anspruch nehmen müssen. Einen solchen Leistungsbegriff halte ich für pervers. Aber Unternehmen nutzen das schamlos aus. Das gefährdet die Fundamente unseres Gemeinwesens und kann auf Dauer nicht gut gehen.

Mit freundlichen Grüßen

Henning Hintze