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Hendrik Hoppenstedt
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Frage von Karl K. •

Frage an Hendrik Hoppenstedt von Karl K. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Hoppenstedt,

Sowohl EMRK, als auch die UN-Menschenrechtskonvention sind gemäß Artikel 25 GG geltendes Recht. Beide gehen somit geltendem Recht, hier Anwaltszwang (§ 78 ZPO), vor und entfalten das Recht der Eigenvertretung:

1. Beweis:
Charta der Grundrechte der Europäischen Union:
Artikel 47 (3) – "Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen."

2. Beweis:
Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten EMRK:
Artikel 6-3c – "sich selbst zu verteidigen…"

3. Beweis:
Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte ICCPR:
Artikel 14-3d – "…sich selbst zu verteidigen oder durch einen Verteidiger seiner
Wahl verteidigen zu lassen."

Was ist Ihre Meinung hierzu?

Freundliche Grüße
Karl Kern

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Kern,

vielen Dank für Ihre Frage zu § 78 der Zivilprozessordnung (ZPO).

Gem. § 78 ZPO müssen sich die Parteien insbesondere vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, d.h. in den genannten Verfahren des Zivilprozesses gilt Anwaltszwang. Wie § 79 Abs. 1 S. 1 ZPO zu entnehmen ist, können die Parteien den Rechtsstreit selbst führen, soweit eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht geboten ist. Der Anwaltszwang gilt also nicht generell.

Für den so geregelten Anwaltszwang gibt es gute Gründe. Aus Sicht der Kläger und Beklagten dient der Anwaltszwang der Vermeidung aussichtsloser Klagen und Rechtsmittel, d.h. er liegt im Interesse der Prozessparteien, die auf Kostenrisiken hingewiesen und vor aussichtslosen Prozessen geschützt werden (Warn- und Beratungsfunktion). Durch die notwendige Einschaltung von Rechtsanwälten sollen unnötige Prozesse verhindert und der Rechtsstreit zugleich durch Filterung und Aufbereitung des Prozessstoffs durch die beteiligten Rechtsanwälte versachlicht werden. Damit dient der Anwaltszwang auch einer geordneten Rechtspflege und der Entlastung der Justiz.

Aus den genannten Gründen halte ich die Anordnung des Anwaltsprozesses in § 78 ZPO für sinnvoll.

Der Anwaltszwang ist verfassungsgemäß. Insbesondere wird der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht verletzt, weil sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt äußern können und in der mündlichen Verhandlung gem. § 137 Abs. 4 ZPO zudem die Möglichkeit haben, selbst das Wort zu ergreifen. Auch Europarecht (Art. 6 der EMRK) steht dem nicht entgegen, wie Sie beispielsweise folgendem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entnehmen können: http://hudoc.echr.coe.int/eng?i=001-79879#{"itemid":["001-79879"]}

Die von Ihnen zitierte Vorschrift aus dem ICCPR schließlich betrifft Strafprozesse ("In the determination of any criminal charge against him...") und ist insoweit nicht einschlägig. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass gem. § 137 der Strafprozessordnung (StPO) der Beschuldigte in Deutschland im Strafprozess ein Recht auf Hinzuziehung eines Verteidigers hat. Nur in den Fällen des § 140 StPO ist ein Strafverteidiger notwendig. Gem. § 140 Abs. 2 S. 1 StPO wird ein Verteidiger bestellt, wenn wegen der Schwere der Tat oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder wenn ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann. Auch dies ist im Interesse des Beschuldigten bzw. Angeklagten. Die Hauptverhandlung findet (grundsätzlich nur) statt, wenn der Angeklagte anwesend ist (§ 230 StPO). Zudem gebührt dem Angeklagten das letzte Wort und auch wenn ein Verteidiger für ihn gesprochen hat, ist der Angeklagte zu befragen, ob er selbst noch etwas zu seiner Verteidigung anzuführen habe (vgl. § 258 StPO).

Mit freundlichen Grüßen

Hendrik Hoppenstedt

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