Frage an Helmut Scholz von Thomas H. bezüglich Familie
Wann wird die UN Resolution 2079 in Deutschland umgesetzt? Wieso wird in Deutschland so lange und hart um das Kind gestritten und einem Elternteil entzogen obwohl es gern am Leben des Kindes / Erziehung / Bildung teilhaben möchte?
Sehr geehrter Herr Hahn,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage und Ihr damit verbundenes Anliegen. Ich nehme an, Ihre Frage bezieht sich auf die Resolution 2079 der Parlamentarischen Versammlung des Europarats aus dem Jahr 2015. Darin werden verschiedene Forderungen festgehalten, die eine bessere Berücksichtigung des Kindeswillens und –wohls im Falle von Trennung der Eltern ermöglichen soll. Da es sich um ein Thema der Bundespolitik handelt (Umsetzung in nationales Recht) und nicht in die Entscheidungskompetenz der EU fällt, habe ich mich bezüglich Ihrer Frage mit meiner Bundestagsfraktion abgestimmt.
Die Fraktion DIE LINKE. im Bundestag setzt sich dafür ein, die gesellschaftlichen Voraussetzungen zu schaffen, dass sich Familien freiwillig und selbstbestimmt einigen. Familien müssen in ihrer selbstbestimmten Entscheidungsfindung eines geeigneten Betreuungsmodells bestmöglich unterstützt werden und anschließend bei der Umsetzung dieser Entscheidung professionell begleitet werden. Dazu ist eine bedarfsgerechte, personelle und sachliche Ausstattung von Jugendämtern sicherzustellen.
Daneben braucht es eine entsprechende Schulung und Sensibilisierung von Mitarbeiter*innen in Jugendämtern und Gerichten im Hinblick auf eine kindgerechte Gestaltung des Verfahrens sowie den Umgang und die Befragung von Kindern.
Zudem müssen Maßnahmen ergriffen werden, die es Familien erleichtern, eine partnerschaftliche Aufteilung der Erziehungs-, Haus- und Sorgearbeit vorzunehmen. Dies gilt insbesondere für die Schließung der Lohnlücke zwischen Männern und Frauen, sowie eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gleichzeitig setzt sich DIE LINKE im Bundestag dafür ein, dass Sozialleistungen so ausgestaltet sind, dass unterschiedliche Betreuungsmodelle ermöglicht werden.
Die gesetzliche Festschreibung eines bestimmten Betreuungsmodells als Regelfall lehnen wir hingegen ab. Jede Familie ist unterschiedlich. Es gibt jeweils ganz verschiedene Gründe, warum sich Eltern trennen. Und die Konstellation in den Familien ist auch immer eine andere. Aufgrund dieser Unterschiede von Familie zu Familie halten wir es nicht für sinnvoll, ein bestimmtes Betreuungsmodell als Grundsatz festzulegen. DIE LINKE fordert, dass jeder Fall individuell behandelt werden muss und die Grundlage zur Entscheidung das Kindeswohl ist.
Angesichts der zahlreichen Unterschiede in den Trennungsfamilien ist nicht per se für jede Familie das Wechselmodell sinnvoll, genauso wenig wie es die Festsetzung des Residenzmodells wäre. Die Einzelfallentscheidung im Sinne des Kindes und die Beachtung des Kindeswunsches ist uns das oberste Gebot.
Beispielsweise müssten bei der Festsetzung des Wechselmodells zahlreiche Voraussetzungen vorhanden sein: Die Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft der Eltern, die räumliche Nähe der elterlichen Haushalte zueinander und zu Betreuungseinrichtungen. Auch das Alter der Kinder muss berücksichtigt werden, gerade in frühen Jahren ist die mütterliche Bindung, biologisch bedingt, sehr hoch.
Sehr geehrter Herr Hahn,
die Bundestagsfraktion der LINKEN hat zu diesem Thema auch einen Antrag in den Bundestag eingebracht. Die wesentlichen Forderungen können Sie hier nachlesen: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/011/1901172.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Helmut Scholz