Frage an Helmut Scholz von Reinhard G. bezüglich Außenwirtschaft
Sehr geehrter Herr Scholz,
heute kommen Verbraucher immer mehr in direkten Kontakt mit Nanopartikeln. Diese können in den Körper gelangen und ihn schädigen. Hier gibt es viele warnende Stimmen, zum Beispiel die des BUND. (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland)
Schädigungen am Erbgut, Entzündungen und Organschäden könnten laut BUND die Folge sein.
Wie wird der internationale Handel mit Nano-Partikeln, sowie die Herstellung und die weitere Verarbeitung in der EU überwacht?
Werden (oder – Wann werden) alle Produkte mit Nanotechnologie aus den In- und Ausland genau gekennzeichnet?
Wie kann eigentlich kontrolliert werden, welche Nanopartikel sich in einem Produkt befinden? Finden solche Kontrollen statt?
Sehen sie eine Gefahr, dass Nanopartikel, die in die Umwelt gelangen, nicht nur den ursprünglichen Verbraucher schädigen?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Großmann,
Vielen Dank für Ihre Kontaktaufnahme und detaillierten Fragen bezüglich Nanopartikeln.
Nanomaterialien fallen unter die seit 2007 geltende Chemikalienverordnung REACH. Darüber hinaus gelten für Nanomaterialien spezifische Bestimmungen in branchenspezifischen Rechtsvorschriften, insbesondere für Lebensmittel und Kosmetikprodukte.
Alle Stoffe, die in den Anwendungsbereich von REACH fallen, müssen registriert werden, damit sie rechtmäßig in der EU hergestellt oder in die EU eingeführt werden dürfen. Je nach in Verkehr gebrachter Menge müssen Hersteller und/oder Importeure im Rahmen ihrer Registrierung Informationen sowohl über die Wirkung auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt als auch über gefährliche Nanoformen vorlegen – eine Schätzung der Exposition über den gesamten Lebenszyklus hinweg.
Für Nanomaterialien gilt dieselbe Verpflichtung. Wenn Stoffe gefährliche Eigenschaften aufweisen, müssen sie nach der Verordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) gemeldet und so gekennzeichnet und verpackt werden, dass ihre sichere Verwendung gewährleistet ist.
Nanopartikel sind Gegenstand der Untersuchung und Bewertung durch die ECHA, die eine eigene Beobachtungsstelle für Nanomaterialien (EUON) unterhält.
Seit dem 1. Januar 2020 gelten für Unternehmen, die Nanoformen herstellen oder importieren, ausdrückliche rechtliche Anforderungen im Rahmen der REACH-Verordnung.
Die neuen Anforderungen im Rahmen der REACH-Verordnung sollen zu mehr Informationen darüber beitragen, welche Nanomaterialien in welcher Menge auf dem Markt sind. Auch Informationen über ihre grundlegenden Eigenschaften und ihre Verwendung, den sicheren Umgang, potenzielle Gefahren für Gesundheit und Umwelt sowie über angemessene Risikokontrolle sind damit erforderlich.
Im Januar 2019 schlug die ECHA außerdem eine weitreichende Beschränkung von Mikroplastik in Produkten vor, die in der EU in Verkehr gebracht werden. Damit sollte die Freisetzung von Mikroplastik in die Umwelt vermieden bzw. verringert werden. Der Vorschlag der ECHA soll nun Anfang 2021 der Kommission vorgelegt werden.
Die Kommission wird auf dieser Grundlage einen Vorschlag zur Änderung des Verzeichnisses der Stoffe mit eingeschränkter Verwendung gemäß Anhang XVII der REACH-Verordnung erarbeiten und den EU-Mitgliedstaaten zur Abstimmung vorlegen. Bevor die Beschränkung angenommen werden kann, muss sie dann vom Europäischen Parlament und vom Rat geprüft werden.
Weitere Rechtsvorschriften mit Bezug zu Nanomaterialien, insbesondere zur Kennzeichnung, sind jeweils in der Lebensmittelinformationsverordnung, der Kosmetikverordnung, der Biozidverordnung und der Medizinprodukteverordnung zu finden.
Leider lassen sich nach Angaben der ECHA Nanoplastikpartikel, die kleiner als 100 nm sind, mit den derzeit verfügbaren Analysemethoden in Endprodukten nicht erkennen. Somit finden bislang auch keine zufriedenstellenden Kontrollen statt.
Laut Umweltbundesamt besteht definitiv das Risiko einer unerwünschten Wirkung auf die verschiedenen Ökosysteme: „Eine potentielle Gefährdung ist dabei am ehesten bei gezielt in die Umwelt eingebrachten nanoskaligen Produkten anzunehmen. Es können jedoch auch durch Abnutzungs- oder Auswaschungsprozesse in einer Matrix gebundene Nanomaterialien aus Produkten in die Umwelt gelangen. Anhaltspunkte hierzu geben zum Beispiel Schweizer Untersuchungen, die zeigen, dass Titandioxid-Partikel in Fassadenanstrichen, die dort zur Selbstreinigung der Oberflächen führen sollen, von Hausfassaden ausgewaschen werden und so in den Boden oder in Gewässer gelangen können. Auch in Verbraucherprodukten enthaltene Nanomaterialien könnten die Umwelt belasten (https://www.umweltbundesamt.de/nanopartikel). “
Da wir die Auswirkung von Nanopartikeln auf Flora und Fauna noch nicht im Detail kennen, sehe ich gegenwärtig in jedem Falle die Gefahr, dass Nanopartikel nicht nur die ursprünglichen Verbraucher*innen schädigen. Hier besteht meiner Meinung nach dringender Forschungs- und Reglementierungsbedarf.
Auf jeden Fall hoffe ich, dass sich interessierte und besorgte Bürger*innen wie Sie auch weiterhin auf EU, nationaler oder regionaler Ebene mit politischen Herausforderungen auseinandersetzen – sei es im politischen, ökonomischen, sozialen oder umweltpolitischen Bereich. Denn nur mit Anfragen und Aufrufen wie Ihrem können wir politisch zu einer besseren gesellschaftlichen Entwicklung beitragen.
Mit freundlichen Grüßen
Helmut Scholz