Helmut Scholz
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Frage von Martin D. •

Frage an Helmut Scholz von Martin D. bezüglich Digitale Agenda

Sehr geehrter Herr Scholz,

das Versagen der ermittelnden Behörden in Österreich wird derzeit als Vorwand genommen um alle Bürger unter Generalverdacht zu stellen und eine Infrastruktur zu installieren, die es Behörden ermöglicht private Kommunikation unter unbescholtenen Bürgern mitzulesen/abzuhören. [1]

Wie wollen Sie, bzw. Ihre Partei, gegen diesen unverhältnismäßigen Überwachungswahn vorgehen um die Rechte ihrer Bürger und Wähler vor einer Überwachung orwellschem Ausmaßes zu schützen?

Mit freundlichen Grüßen,
M. D.

[1] https://fm4.orf.at/stories/3008930/

Disclaimer: Ich habe diese Frage auch anderen Politikern gestellt.

Helmut Scholz
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Dosch, 

danke für Ihre Frage. Sie finden meine Partei und natürlich auch mich an Ihrer Seite gegen den immer weiter ausufernden Überwachungswahn. Erfreulicherweise hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) vor Kurzem in einem neuerlichen Urteil zur Vorratsdatenspeicherung (VDS) klargestellt, dass eine allgemeine Überwachung aller Menschen durch eine flächendeckende Datenspeicherung ohne besonderen Anlass und zu jeder Zeit nicht verhältnismäßig und daher illegal ist.

Nach wie vor fehlt mir auch der Nachweis der Wirksamkeit der Überwachungsmaßnahmen, die durch Grundrechtseingriffe von den bisherigen politischen Mehrheiten ermöglicht wurden - es wird immer mehr an den Grundrechten geschliffen, allein der Nachweis von Ermittlungserfolgen durch immer weitergehende Staatsbefugnisse bleibt aus. Denn solch Nachweise sind bisher weder für Kameraüberwachungen im öffentlichen Raum noch für die Vorratsdatenspeicherung gelungen. Eine aktuelle Studie des wissenschaftlichen Dienstes des Europäischen Parlaments (beauftragt von meinem Parlamentskollegen Dr. Patrick Breyer) ergab für kein einziges EU-Land durch flächendeckende Vorratsdatenspeicherung einen messbaren Einfluss - weder auf die Kriminalitätsrate noch auf die Aufklärungsquote. In Deutschland stiegen die Aufklärungsquoten nach der Einstellung der VDS sogar an. Leider ist es Tradition im seit Jahrzehnten von Union oder SPD geführten Bundesinnenministerium, gerade bei Fragen der inneren Sicherheit Symbolpolitik zu betreiben und politische Vorhaben keiner Wirksamkeitsanalyse zu unterziehen.

DIE LINKE fordert daher nach wie vor, alle bestehenden Überwachungsgesetze auf den Prüfstein zu stellen und bei neuerlichen Plänen eine Grundrechts- und Wirksamkeitsbewertung nach objektiven Kriterien vorzunehmen.

Freundliche Grüße nach München und alles Gute für Sie.

Helmut Scholz