Frage an Helmut Scholz von Nina J. bezüglich Energie
Sehr geehrter Herr Scholz,
demnächst wird im Bundestag über die EEG-Novelle abgestimmt, deren Umsetzung einen heftigen Rückschlag für den Klimaschutz bedeuten würde. Wie werden Sie stimmen? Und was werden Sie konkret unternehmen, damit die voll funktionstüchtigen PV-Altanlagen auch weiterhin in Betrieb bleiben können?
Herzliche Grüße,
Nina Jaenisch
Hallo Frau Jaenisch,
Danke für die Frage. Ich möchte eingangs aber darauf hinweisen, dass ich Mitglied des Europäischen Parlaments (EP) und nicht Abgeordneter im Deutschen Bundestag bin. Daher kann ich zu der dort anstehenden Entscheidung zur EEG-Novelle auch nicht abstimmen.
Trotzdem habe ich natürlich eine Position dazu. Denn das EP bestimmt durchaus sehr oft die Rahmenbedingungen in verschiedenen Politikbereichen, die weitgehend Einfluss auf den Alltag der Bürger*innen in allen 27 EU-Mitgliedstaaten haben. Denn diese müssen entweder direkt innerhalb einer bestimmten Zeitspanne umgesetzt oder aber in nationales Recht eingebracht werden.
Das Europäische Parlament hat gerade erst - um in dem von Ihnen aufgeworfenen Themenbereich zu bleiben - seine Position zu einem Klimagesetz auf den Weg gebracht, welches nun mit dem EU-Rat als KO-Gesetzgeber abgestimmt werden und dann durch die EU-Mitgliedstaaten seine Umsetzung finden muss.
Das EP hat sich eindeutig und mehrheitlich dafür ausgesprochen, das anvisierte Klimaziel bis zum Jahr 2030 von 55 auf 60 Prozent Treibhausgas-Reduktion verbindlich anzuheben. Durchaus ein signifikanter Schritt, der aber angesichts der Realität nicht mehr ausreicht. Der UN Emissions Gap Report hält eine Reduktion der Treibhausgase (gemessen am Stand von 1990) von mindestens 65-70 Prozent bis zum Jahr 2030 für das absolute Minimum, um wenigstens die allerschlimmsten Klimawandelfolgen abzuwenden. Darum haben die deutsche Delegation der LINKEN bzw. meine LINKS-Fraktion der GUE/NGL im EP ein Klimaziel von mindestens 70 Prozent gefordert; die europäische Fraktion der Grünen/EFA hat sich für ein Ziel von 65 Prozent eingesetzt.
Trotzdem ist das Ziel von mindestens 60 Prozent natürlich ein wichtiger Teilerfolg: Industrie und Wirtschaft müssen jetzt endlich umdenken. Viel zu lange hat sich viel zu wenig getan und auch jetzt glauben Ewiggestrige im EP, dass es der Markt schon richten wird und 55 Prozent Reduktion vollkommen ausreichen würden. Ähnliche Ansichten finden sich auch unter Abgeordneten des Bundestages, insbesondere denen, die mit ihrer aktuellen Mehrheit die Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD tragen.
Lassen Sie mich betonen, dass wir vor der enormen gesamtgesellschaftlichen Aufgabe stehen, innerhalb der nächsten zehn Jahre eine grundlegende sozial-ökologische Transformation unserer Wirtschaft zu bewältigen. Eine Transformation, die Auswirkungen auf alle gesellschaftlichen Bereiche, v. a. aber auf unsere bewährte Form von Produktion und Konsumtion haben wird. Diese Aufgabe ist deshalb demokratisch und transparent unter Teilhabe aller Bürger*innen zu beraten und zu vereinbaren. Und im Kontext der Organisation wirtschaftlicher und handelspolitischer Wertschöpfung und Ausgestaltung internationaler Lieferketten die Bedingungen für die Aktivitäten von Unternehmen auszugestalten. Das Klimagesetz ist in diesem Kontext ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Insofern ist auch die EEG-Novelle im Deutschen Bundestag eine wichtige und weitreichende Entscheidung. DIE LINKE weiß das. Und Ich bin gespannt, wie sich die Fraktionen der anderen Parteien im Bundestag bei der Abstimmung verhalten und welche Positionen sie vortragen werden. Es gilt, sich zum Klimaschutz nicht nur zu bekennen, nur verbale Forderungen zu erheben, sondern mit praktischen Beschlüssen notwendige Veränderungen konkret auf den Weg zu bringen. Dazu gibt es meines Erachtens keine sinnvolle Alternative.
Ich wünsche Ihnen Alles Gute und v. a., bleiben Sie gesund!
Freundliche Grüße nach Kiel
Helmut Scholz