Frage an Helmut Scholz von Lars W. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Scholz,
mich würde interessieren wieviel Geld eingespart werden könnte, wenn sämtliche Politiker der EU aus Anstand, Moral, Ethik und Prinzipien für einen Zeitraum von 3-4 Monaten auf ihr Gehalt verzichten würden? Hätte dies nicht auch einen nicht unerheblichen volkswirtschaftlichen Effekt und man könnte damit beispielsweise medizinisches Personal besser honorieren, temporär den einfachen Bürger entlasten oder Vertrauen schaffen?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Widrat,
Vielen Dank für Ihre Kontaktaufnahme und Frage.
Natürlich könnte Geld eingespart werden, wenn sämtliche Politiker*innen mehrere Monate auf ihr Gehalt verzichten würden. Aber viele dieser Politiker*innen in den 27 EU-Mitgliedstaaten und in den EU-Institutionen, sind gerade jetzt in ihren Verantwortungsbereichen an der Arbeit. Um nur einige Beispiele zu nennen: EU-Politiker*innen - wie auch die Abgeordneten des Europäischen Parlaments - arbeiten weiterhin an wichtigen Beschlüssen wie etwa den Verhandlungen der EU über die künftigen Beziehungen zu Großbritannien, eine solidarische Lösung für die Flüchtlingskrise in Griechenland, dem zukünftigen mehrjährigen Finanzrahmen der EU und den vielen aktuellen und langfristigen Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie.
Auch wenn die Politiker*innen momentan wegen der hohen Ansteckungsgefahr richtigerweise größtenteils von zu Hause arbeiten, brauchen sie wie jede/r andere Arbeitnehmer*in auch weiterhin das Gehalt, um die laufenden Kosten wie etwa die Miete der Wohnungen im Wahlkreis und in Brüssel, Büromieten im Wahlkreis und die Personalkosten ihrer/seiner Mitarbeiter*innen begleichen zu können. Abzüge vom Gehalt machen deswegen meines Erachtens keinen Sinn und würden auch ein falsches Signal an große, transnationale Unternehmen senden.
Die EU stellt im Eilverfahren große Summen für die Krisenbewältigung zur Verfügung: Die EU-Mitgliedsstaaten haben letzte Woche grünes Licht gegeben für eine 37 Mrd. € Investitionshilfe. Es handelt sich um ungenutzte Gelder aus dem EU-Haushalt, die helfen sollen, die Corona-Pandemie zu bekämpfen und die wirtschaftlichen Folgen abzufedern. Das Europäische Parlament hat mit großer Mehrheit diese Mittel freigegeben, und wir werden als Ko-Gesetzgeber auch weiterhin hier nach allen Möglichkeiten suchen und diese finden, um solidarisch in der EU und auch gegenüber Drittstaaten, z.B. in Afrika oder Lateinamerika, zu agieren. Dazu gehört auch die Neugestaltung der europäischen Forschungsarbeit, um einen Impfstoff oder ein wirksames Medikament gegen Covid 19 zu finden.
Weitere Möglichkeiten sind aus meiner Sicht, persönliche Spenden sowie Gelder der Fraktionen und Delegationen zu nutzen, um beispielsweise - wie Sie vorschlagen - kurzfristig Überbrückungen für fehlende medizinische Ausrüstungen im Gesundheits- wie im Pflegebereich zu schaffen und bedürftige Bürger*innen zu entlasten. Strukturelle Veränderungen für eine bessere Entlohnung des medizinischen Personals müssen jetzt - wie Sie völlig zu Recht fordern - durchgesetzt werden. Hier sehe ich mich durchaus EU-weit in der Verantwortung und kann Sie nur bitten, hier auch gegenüber den politisch Verantwortlichen in der Bundesrepublik und den Tarifpartnerschaften engagiert zu bleiben.
Mit freundlichen Grüßen
Helmut Scholz