Portrait von Helmut Günter Baumann
Helmut Günter Baumann
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Helmut Günter Baumann zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Nils O. •

Frage an Helmut Günter Baumann von Nils O. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Baumann,

ich habe für Sie 2 sehr einfache Fragen:

1. Warum waren Sie am 07.07.2011 gegen einen Abschiebestopp von syrischen Flüchtlingen? Die heutige Situation (30.09.11) war derzeit doch voraus zusehen. Ich verstehe daher nicht den Wert "christlich" dem Sie sich mit dem Parteibuch geschworen haben.

2. Warum waren Sie am 12.11.2010 gegen die Einführung bundesweiter Volksentscheide? Schließlich wäre dies doch mal eine Möglichkeit gewesen in unserem Land mehr Demokratie zu wagen (Willy Brandt).

Vielen Dank für eine Antwort,

Nils Ohle

Portrait von Helmut Günter Baumann
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Ohle,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage, die Sie über die Plattform abgeordnetenwatch.de an mich gestellt haben.

Im Vorfeld der Beantwortung Ihrer Fragen möchte ich festhalten, dass den nach Ihrer Meinung „ sehr einfachen Fragen“ hoch komplexe Sachverhalte vorausgehen. Ich werde Ihnen gern meine Meinung zu beiden Themen erläutern.

Zu 1.:
Es wird auf abgeordnetenwatch.de sehr vereinfacht und nach meiner Meinung falsch der Inhalt der Abstimmung am 07.07.2011 dargestellt. Der Antrag heißt nicht „Forderung eines Abschiebestopps von syrischen Flüchtlingen“ sondern „Unverzügliche Aussetzung des Deutsch-Syrischen- Rücknahmeabkommens. “

Das Rücknahmeabkommen regelt im Rahmen der Gegenseitigkeit u.a. die Rücknahme ausreisepflichtiger Personen aus dem Gebiet der jeweils anderen Vertragspartei. Für eine Kündigung des Abkommens, über die im Übrigen die Bundesregierung und nicht der Bundestag zu entscheiden hätte, besteht kein Anlass. Die Kündigung völkerrechtlicher Verträge ist nicht nur höchst unüblich, sondern auch nicht geboten, da Deutschland selbst entscheidet, ob Rückführungen durchgeführt werden. Gegenwärtig ist dies nicht der Fall.
Darüber hinaus liegt die Zuständigkeit für Abschiebungen bei den Ausländerbehörden der Bundesländer. Deshalb hatte das Land Schleswig-Holstein gemäß §60a Abs. 1 AufenthG die Innenminister und Innensenate der Bundesländer sowie das Bundesinnenministerium im Rahmen des Konsultationsverfahrens zur vom Land Schleswig-Holstein beabsichtigten Aussetzung von Abschiebungen nach Syrien um Stellungnahme gebeten. Mit Schreiben vom 28. April 2011 hat das Bundesinnenministerium geantwortet. Somit - soweit dem Bundesministerium des Innern bekannt- schiebt seit Ende April 2011 keines der 16 Bundesländer nach Syrien ab. Die Empfehlung des Bundesinnenministeriums auf Abschiebungen vorläufig zu verzichten, gilt fort.

Zu 2.:
Gern lege ich Ihnen einige Argumente dar, die aus meiner Sicht bei einer Abwägung zur Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene nicht zu vernachlässigen sind. Durch die Erfahrungen in der Weimarer Republik und vor allem während der NS-Diktatur, in der Volksbefragungen missbraucht wurden, um diktatorische Entscheidungen als demokratisch zu legitimieren, hat man sich bei der Ausarbeitung des Grundgesetzes für eine strikt repräsentative Demokratie entschieden. Des Weiteren sehe ich die Gefahr, dass bei einer Volksabstimmung nicht die einzelne Bürgerin und der einzelne Bürger mehr Einfluss erhält, sondern Verbände, Interessengruppen und Lobbyisten, die durch ihre Geldmittel große Kampagnen fahren können. Deshalb könnten „Meinungsminderheiten“ großen Einfluss auf den Staat gewinnen, ohne für ihre Meinungen dauerhaft in Verantwortung zu stehen. Eine Volksabstimmung bedeutet aber auch, hoch komplexe und komplizierte Sachverhalte auf die Antwort ja oder nein auf dem Stimmzettel zu reduzieren. Bundestag und Bundesrat haben hingegen die Möglichkeit, über umstrittene Teile der Gesetzesvorhaben in Fachausschüssen, Sachverständigenanhörungen und im Plenum zu debattieren und somit Änderungen und Kompromisse zu erreichen.
Außerdem möchte ich anmerken, dass jeder Bürger durch die rege Teilnahme an Bundestagswahlen auf die Politik Einfluss nehmen und bestimmen kann durch wen er sich vertreten sehen möchte.

Mit freundlichen Grüßen

Günter Baumann, MdB