Frage an Heinz Riesenhuber von Andreas Dr. L. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Prof. Riesenhuber,
Ministerin Schavan, Frau Reiche und einige andere Unionsabgeordnete habe sich in letzter Zeit deutlich für eine Verschiebung des Stichtages beim Stammzellgesetz ausgesprochen.
Sehr gerne würde ich von Ihnen, als Abgeordneten meines Wahlkreises, Ihre Position zu diesem voraussichtlichen Gesetzesänderungsantrag erfahren?
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Andreas Löhr
Sehr geehrter Herr Dr. Löhr,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich habe mich bei meiner Entscheidung zur Änderung des Stammzellgesetzes am 11. April von folgender Überzeugung leiten lassen:
Der Lebensschutz muss höchste Priorität genießen. Von Deutschland darf kein Anreiz zur Tötung von Embryonen ausgehen. Das war schon vor 20 Jahren beim Embryonenschutzgesetz die übergeordnete ethische Forderung in der Gesetzgebung. Und das war unser Leitziel bei der Verabschiedung des Stammzellgesetzes 2002.
Das Stammzellgesetz erlaubt die Forschung mit menschlichen embryonalen Stammzellen nur unter ganz engen Voraussetzungen: dass die Forschung dem medizinischen Fortschritt dient, dass es keine alternativen Forschungsmethoden gibt, und dass die ausländischen Stammzelllinien, mit denen bei uns geforscht werden darf, vor dem 1. Januar 2002 hergestellt wurden.
Das Stammzellgesetz hat sich grundsätzlich bewährt. Dennoch bin ich der Auffassung, dass wir beim jetzigen Stand der Wissenschaft Möglichkeiten finden müssen, den Zugang zu neuen Stammzelllinien für deutsche Forscher zu öffnen. Eine Verschiebung des Stichtags auf den 1. Mai 2007 ist notwendig, damit unsere Forscher nicht vom Fortschritt abgekoppelt und international isoliert werden. Denn die alten Stammzelllinien werden immer weniger, sind zudem oft verunreinigt und daher nicht geeignet für die Entwicklung neuer Medikamente.
Durch die einmalige Verschiebung des Stichtags ist der Lebensschutz nicht gefährdet. Forschung bleibt nur erlaubt mit Stammzelllinien, die es schon vor Mai 2007 gab. Ein Anreiz zur Tötung von Embryonen kann deshalb von dem neuen Gesetz nicht ausgehen.
Von den Forschern hören wir, dass nach dem neuesten Stand der Wissenschaft gute Chancen bestehen, künftig ohne neue menschliche embryonale Stammzelllinien erfolgreich zu arbeiten. Sie sagen aber auch, dass wir noch einige Jahre auf die vergleichende Forschung mit diesen Stammzellen angewiesen sind, wenn wir alle Chancen nutzen wollen, Krankheiten zu heilen und menschliches Leid zu lindern.
Die Ethik des Lebens und die Ethik des Heilens sind kein Gegensatz.
Aus den genannten Gründen habe ich mich nach Abwägung aller Widersprüche zugunsten der einmaligen Verschiebung des Stichtags entschieden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Heinz Riesenhuber