Frage an Heinz Riesenhuber von Jan K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Professor Riesenhuber,
vor 18 Monaten bin ich in die Selbständigkeit gewechselt und seit dem freiberuflich als IT Projektmanager tätig. Durch den Gesetzesentwurf gegen den Missbrauch von Werkverträgen sehe ich nun meine Existenz bedroht, da mich die Kriterien als Scheinselbständigen einstufen. Meine Ersparnisse waren nötig, um in der Branche Fuß zu fassen. Inzwischen konnte ich Aufträge in drei unterschiedlichen Unternehmen akquirieren, durch das neue Gesetz wäre es damit schlagartig wieder vorbei und ich sehe mit knapp 46 Jahren kaum mehr eine Chance, in dieser Branche eine einigermaßen gut bezahlte Festanstellung zu bekommen.
Ohne Frage müssen hier Niedrigverdiener vor Ausbeutung geschützt werden, aber dieser Entwurf geht leider auch zu Lasten der nicht Schutzbedürftigen. Die Kriterien gehen keineswegs auf die Realität und Bedürfnisse von gut verdienenden IT Selbständigen ein.
Wie stehen Sie zu dem Gesetzesentwurf und zu der Tatsache, dass Unternehmen und Freiberuflern hier massiv die Flexibilität genommen wird und das viele IT Selbständige hierdurch ihrer Beschäftigung nicht mehr nachgehen werden können?
Vielen Dank vorab und freundliche Grüße
Jan Klingelhöfer
Sehr geehrter Herr Klingelhöfer,
vielen Dank für Ihre e-mail, in dem Sie die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geplante Neuregelung zu Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträgen kritisieren, die auch neue Kriterien für die Scheinselbständigkeit umfasst.
Dazu möchte ich zunächst ein Missverständnis ausräumen: Das Bundesministerium hat zwar Ende 2015 einen entsprechenden Diskussionsentwurf zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vorgelegt, aber einen Referentenentwurf gibt es noch nicht. Denn die CDU/CSU-Bundestagsfraktion kann vielen der SPD-Vorschläge nicht zustimmen, da sie nicht den Vereinbarungen des Koalitionsvertrages entsprechen.
Wir wollen das Gesetzesvorhaben zusammen mit den Sozialpartnern erarbeiten. Dazu finden zurzeit noch Gespräche statt. Der Beginn des Gesetzgebungsverfahrens ist deshalb noch unklar.
Insgesamt lassen wir uns bei den Beratungen von dem wichtigen Ziel leiten, Missbrauch zu verhindern und faire Bedingungen am Arbeitsmarkt zu schaffen.
Dabei gehören Werkverträge für uns zu einem selbstverständlichen Teil der Wirtschaft. Handwerker, Rechtsanwälte, Ärzte und jede Form von Dienstleistern betreiben seit Jahrhunderten ihre Tätigkeiten rechtlich als Werk- oder Dienstvertrag. Die Arbeitnehmer, die in einem Werkvertragsunternehmen arbeiten, stehen in einem ganz normalen Arbeitsverhältnis mit allen Schutzmechanismen. Was wir in Unternehmen vereinzelt als Missbrauch beobachten, fußt nach unserer Ansicht in der Regel nicht auf mangelnden gesetzlichen Regelungen, sondern auf Verstößen gegen vorhandene Gesetze, und das muss geahndet werden.
Andererseits ist aber die Frage, ob tatsächlich ein Werkvertrag vorliegt, oder ob in Wirklichkeit ein Arbeitnehmer an den Werkbesteller überlassen wird, tatsächlich problematisch und in der Praxis oft nicht einfach zu beantworten. Ich denke aber, dass dies anhand bestimmter, von der Rechtsprechung entwickelter Kriterien gut zu bewerten ist.
Bei den Beratungen über diese Frage und über den Gesetzentwurf insgesamt werden wir uns auf jeden Fall eng an den Koalitionsvertrag halten.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Heinz Riesenhuber