Frage an Heinz Riesenhuber von Thomas V. bezüglich Sport
Sehr geehrter Herr Professor Dr. Riesenhuber,
auch alle Sport- und Privatpilotenpiloten müssen sich neuerdings einer sehr fragwürdigen, periodischen und zudem kostenpflichtigen Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZÜP) nach dem LuftSiG "freiwillig" durch eigenen Antrag unterziehen. Sind Sie der Meinung, dass ein solcher unglaublicher Globalverdacht gegen eine bisher völlig unauffällige Bürgergruppe angemessen ist?
Ist das nicht reiner bürokratischer Aktionismus und Populismus auf dem Rücken von unschuldigen Bürgern, die mit all dem nicht das Geringste zu tun haben? Wird dadurch nicht der rechtstaatliche Grundsatz der Unschuldsvermutung - und damit unser zentrales Rechtsverständnis - ausgehebelt? Sollte nicht wenigstens ein gewisser Anfangsverdacht diese ZÜP rechtfertigen?
Es hat weltweit noch nie einen lizenzierten Piloten gegeben, von welchem ein Terroranschlag ausging. Es gab aber jede Menge Führerscheinbesitzer und Rucksackträger!!! Lastwagenfahrer stellen ein viel größeres "Gefahrenkontingent" dar, kommen sie doch problemlos mitten in jede Innenstadt!
Wo ist hier Ihrer Meinung nach das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit noch gegeben?
Werden Sie sich nach Ihrer Wahl für unsere Minderheit einsetzen?
Freiheit und Demokratie und Menschenwürde, werden sie dadurch geschützt, dass man sie schleichend gegen die Würde des Menschen einfach abschafft?
Welche Antwort hierauf kann ich an unsere Vereinsmitglieder weitergeben?
Wir würden Sie gerne auch zu einem kleinen Rundflug bei uns auf dem Flugplatz in Oppenheim einladen, damit Sie sich persönlich davon überzeugen können, dass wir keine berechtigt verdächtige Kamikazeterroristen sind. Nicht einmal die USA überprüft auf solche entwürdigende Weise ihre Altpiloten. Übrigens auch keine Ausländer mit USA - Lizenz! Nur Deutschland will einmal mehr einmalig perfekt in der Welt sein.
Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen!
Mit herzlichen Grüßen
Thomas Velten
-Ausbildungsleiter Aero Club Oppenheim Guntersblum e.V.-
Sehr geehrter Herr Velten,
besten Dank für Ihre Frage zur neuen, jährlichen, und gebührenpflichtigen Zuverlässigkeitsüberprüfung für Sportpiloten im Rahmen des neuen Luftsicherheitsgesetzes, von der insgesamt rund 30.000 Sportpiloten in Deutschland betroffen sind, und die Sie massiv kritisieren.
Grundlage für die Einführung dieser Überprüfung war ein Gefährdungsgutachten des Bundeskriminalamtes, in dem auch Sportflugzeuge und deren Piloten – vor dem Hintergrund der Anschläge vom 11. September 2001 – als potenzielle Bedrohung eingestuft wurden. Die Innenministerkonferenz der Länder hat auf dieser Grundlage eine entsprechende Forderung an den Gesetzgeber gestellt.
Ebenso wie Sie ist auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion der Auffassung, dass dieser Bereich im Luftsicherheitsgesetz nicht zufriedenstellend geregelt wurde, denn seit Inkrafttreten des Gesetzes Anfang des Jahres hat es Probleme bei der Umsetzung der Zuverlässigkeitsüberprüfung gegeben.
In erster Linie betrifft das die von Ihnen genannten Punkte: die Kosten der Überprüfung und das jährliche Intervall, aber auch die Tatsache, dass Sportpiloten mit ausländischen Lizenzen nicht unter das Luftsicherheitsgesetz fallen und insofern von einer Überprüfung ausgenommen sind.
Meine nachfolgende Stellungnahme zu diesen Bereichen entspricht voll und ganz der Position meiner Fraktion:
a) Kosten
Bereits im Februar 2005 wurden einige Luftsportler durch Bezirksregierungen aufgefordert, sich einer Zuverlässigkeitsüberprüfung zu stellen; dabei wurden Kosten in Höhe von ca. 200 Euro genannt.
Ein derartiger Kostenrahmen ist unrealistisch. Vielmehr rechnet das Bundesinnenministerium in Abstimmung mit den Ländern mit Kosten in Höhe von 30 – 40 Euro. Darüber hinaus ist die Durchführung dieser Zuverlässigkeitsüberprüfung ohne die Existenz einer Durchführungsverordnung (DVO) nicht sinnvoll. An der DVO arbeitet derzeit das Bundesinnenministerium gemeinsam mit den anderen beteiligten Ressorts. Nach der Ressortabstimmung wird es zu einer Abstimmung der DVO mit den Ländern kommen; schließlich werden auch die Verbände, so auch der Deutsche Aero-Club, an der DVO beteiligt.
b) Überprüfungsintervall
Das Luftsicherheitsgesetz sieht vor, dass sich Piloten in einem jährlichen Intervall einer Zuverlässigkeitsüberprüfung stellen müssen.
Ein jährliches Überprüfungsintervall ist sicher keine optimale Lösung. Allerdings ist es ohne die Einführung der Nachberichtspflicht derzeit nicht möglich, ein drei- oder fünfjähriges Intervall einzuführen, was aus Sicht der Betroffenen sicher wünschenswert wäre. Die im Gesetz fehlende Nachberichtspflicht ist das Ergebnis der Aktion der rot-grünen Bundesregierung, das Gesetz zustimmungsfrei vom Deutschen Bundesrat zu machen. Im ursprünglichen Gesetzentwurf war eine Nachberichtspflicht vorgesehen, die Rot-Grün kurzfristig gestrichen hat. Diese „Verschlimmbesserung“ des Gesetzes kostet den Sportpiloten heute Zeit, Geld und Nerven.
Abgesehen davon halte ich eine intelligente Berichtspflicht für die bessere Lösung. Konkret wäre es wünschenswert, wenn es einen Mechanismus gäbe, der Vereine, Verbände und Sportpiloten zur Meldung von Auffälligkeiten verpflichten würde, die dann in einer bundesweiten Datei verfügbar sind. Schließlich müssen bei der Zuverlässigkeitsüberprüfung Regelungen gefunden werden, die altgediente und erfahrene Piloten anders einstuft, als Jüngere und Flugschüler.
c) Ausländische Lizenzen
Deutsche Piloten, die im Europäischen Ausland eine Lizenz erworben haben (nach JAR-FCL-Standards, Joint Aviation Regulations – Flight Crew Licences) fallen ebensowenig wie ausländische Piloten mit ausländischer Lizenz, die in Deutschland fliegen, unter die Regelungen zur Zuverlässigkeitsüberprüfung nach dem Luftsicherheitsgesetz. Sie können deshalb von deutschen Luftsicherheitsbehörden nicht überprüft werden.
Der zuständige Experte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat erst kürzlich den Bundesinnenminister erneut auf die Problematik, die damit verbunden ist, hingewiesen. Nach Mitteilung des Innenministeriums soll dieser Mißstand im Rahmen einer europäischen Harmonisierung abgestellt werden.
Unser Fazit:
Das Luftsicherheitsgesetz insgesamt ist ein schlecht gemachtes, (aus anderen Gründen als der Zuverlässigkeitsüberprüfung) fassungsrechtlich nicht haltbares und in weiten Teilen unbrauchbares Gesetz. Das Bundesverfassungsgericht wird zur laufenden Verfassungsbeschwerde am 9. November 2005 eine mündliche Verhandlung durchführen.
Falls das Gesetz in Karlsruhe als nicht verfassungsgemäß beurteilt wird, ist ein grundlegend neues Gesetz notwendig. In desem Fall ist es selbstverständlich, dass dann auch die Luftsportler bzw. deren Verbandsvertreter in die Beratungen einbezogen werden, um auch für die Zuverlässigkeitsprüfung zufriedenstellende Lösungen im beschriebenen Rahmen zu finden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Heinz Riesenhuber