Frage an Heinz Riesenhuber von Klaus Hofmann zur L. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Dr. Riesenhuber,
ich habe Sie zwar nicht gewählt, aber trotzdem möchte gerne wissen, was Sie als Abgeordneter einer Partei, die das C im Namen trägt, gegen das massive Flüchtlings-Elend, das sich an den Grenzen der EU abspielt, zu unternehmen gedenken.
Ich bin der Meinung, dass es an einem schlüssigen Konzept mangelt und man lieber die Menschen ertrinken lässt, anstatt Massnahmen zu treffen, die es diesen Menschen zum einen ermöglicht in ihrer Heimat zu bleiben (was sicher ein länger fristiger Prozess ist) und denen, die so verzweifelt sind, dass sie sich auf diese gefahrvolle Reise begeben, Asyl gewährt wird.
Deutschland als eines der reichsten Länder der Welt scheint lieber Millionen und Aber-Millionen für nutzloses Kriegsgerät auszugeben als etwas gegen das Elend vor unserer Haustür zu unternehmen.
Ich würde mich freuen, von Ihnen zu hören...
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Hofmann zur Linden
Sehr geehrter Herr Hofmann zur Linden,
vielen Dank für Ihre e-mail zur Flüchtlingsproblematik.
Ich stimme mit unserer Staatssekretärin und Flüchtlingsbeauftragten Maria Böhmer überein: „Das Mittelmeer darf nicht weiter ein Massengrab für Flüchtlinge sein.“ Wir müssen jetzt alle Möglichkeiten ausloten, damit Flüchtlinge in ihren seeuntüchtigen Booten nicht mehr zu Tode kommen. Die Rettung der Menschen muss im Vordergrund stehen. Wir werden deshalb die Arbeit der europäischen Grenzagentur Frontex weiter verbessern. Auch die Bedingungen für Flüchtlinge auf Lampedusa müssen geändert werden. Sie entsprechen nicht den europäischen Standards. Hier bleibt in erster Linie Italien gefordert.
Deutschland trägt schon jetzt große Verantwortung bei der Aufnahme von Flüchtlingen, denn wir nehmen absolut gesehen die meisten Asylbewerber in Europa auf: So wurden in diesem Jahr bis September in Deutschland insgesamt schon über 85.000 Asylanträge gestellt, fast doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum 2012. Um die Antragsbearbeitung zu beschleunigen, haben wir das Personal bei der zuständigen Behörde BAMF aufgestockt und stellen ab 2014 jährlich 5 Mio. Euro mehr für Dolmetscherkosten zur Verfügung. Auch die Verwaltungsgerichtsverfahren in den Ländern müssen weiter beschleunigt werden.
Die Union wird auch künftig intensiv für den Schutz von Menschen eintreten, die wegen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Staatsangehörigkeit, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Überzeugung verfolgt werden, wie es unserem Grundgesetz und der aus unserem christlich geprägten Menschenbild entspringenden Verantwortung entspricht. Wer politisch verfolgt wird und schutzbedürftig ist, muss auf Deutschland vertrauen können. Deshalb bekennen wir uns zum Grundrecht auf Asyl.
Bei der Hilfe für Flüchtlinge setzen wir uns auch für neue Formen des Schutzes ein, wie der Aufnahme von Flüchtlingen aus Drittstaaten, wenn ihnen eine baldige Rückkehr in das Herkunftsland nicht möglich ist oder wenn sie nicht dauerhaft in das Land, das sie zuerst aufgenommen hat, eingegliedert werden können. Dabei bauen wir weiterhin, ebenso wie bei der Hilfe für Flüchtlinge weltweit, auf die enge Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingshochkommissar der Vereinten Nationen. So nehmen wir zum Beispiel 5.000 besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aus Syrien auf und haben unsere Hilfe für die Flüchtlingslager an den syrischen Grenzen, wo auch das THW aktiv ist, auf fast 400 Mio. Euro aufgestockt. Das Geld ist für Lebensmittel, Trinkwasserversorgung und Notunterkünfte bestimmt und kommt sowohl den 1,6 Millionen Flüchtlingen in den angrenzenden Staaten als auch den schätzungsweise fünf Millionen Vertriebenen innerhalb Syriens selbst zugute.
Auf EU-Ebene wollen wir verhindern, dass es zu einer besonderen Belastung der Asylsysteme einzelner Mitgliedstaaten kommt. Daher unterstützen wir die Regelung in der neuen Dublin-Verordnung für einen Frühwarn- und Krisenbewältigungsmechanismus. So können Defizite in Asylsystemen der Mitgliedstaaten frühzeitig erkannt und behoben werden. In Staaten mit großen Mängeln finden auch keine Rücküberstellungen von Asylbewerbern statt, insbesondere nach Griechenland. Zudem unterstützt die EU mit deutscher Beteiligung z.B. Griechenland bei der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans zur Asylreform und zum Migrationsmanagement.
Zugleich arbeiten wir daran, die Bedingungen in den Herkunftsländern der Flüchtlinge zu verbessern und Bürgerkriege zu beenden. Zentrale Ziele der deutschen Entwicklungszusammenarbeit bleiben die nachhaltige Entwicklung und die Bekämpfung der Armut, einschließlich der Förderung von guter Regierungsführung und Rechtsstaatlichkeit, von Presse- und Meinungsfreiheit, von Bildung und Ausbildung, von Sozialpartnerschaft, Gesundheit, ländlicher Entwicklung, Ernährungssicherheit und Infrastrukturentwicklung. Wir unterstützen unsere Partnerländer auch beim Aufbau einer sozial und ökologisch ausgerichteten Marktwirtschaft, um über eine verantwortlich handelnde Privatwirtschaft selbsttragendes Wachstum und Beschäftigung zu schaffen. Zudem finanzieren wir über die EU besonders in Afrikas Konfliktgebieten Friedenstruppen der Uno, zu deren Mandat auch der Schutz der Zivilbevölkerung gehört, oder Hilfswerke, die Flüchtlinge in Bürgerkriegsgebieten versorgen.
Auch die kriminellen Schlepperbanden, die von Flüchtlingen und ihren Familien mit falschen Versprechungen hohe Summen eintreiben, werden wir noch besser bekämpfen.
Ich hoffe sehr, dass wir mit diesem Bündel von Maßnahmen, das wir auch künftig auf nationaler und europäischer Ebene weiter verbessern werden, die Dramatik der Flüchtlingsproblematik kurzfristig abmildern können. Die Verbesserung der Bedingungen in den Heimatländern ist, wie Sie selbst schreiben, leider ein längerfristiger Prozess.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Heinz Riesenhuber