Frage an Heinz Paula von Peter O. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Abgeordneter,
der von der SPD geplante massive Ausbau der Krippenplätze und die deutlichen pädagogischen Verbesserungen in den Horten sollen durch einen einmaligen Verzicht auf die kommende Kindergelderhöhung in Höhe von zehn Euro monatlich finanziert werden. Durch Abstriche beim Ehegattensplitting für Besserverdienende sollen weitere 1,9 Milliarden eingespart werden. Dies soll anscheinend auch für ältere Ehegatten gelten, die zwar Kinder aufgezogen haben, die aber mittlerweile aus dem Elternhaus ausgezogen sind.
Meiner Meinung nach ist das eine einseitige Förderung von außerhäusiger Kinderaufziehung in Krippen zu Lasten aller anderen Kindererziehungsformen wie häusliche Betreuung durch einen Elternteil oder alleinerziehende Mütter. Mir fällt auf, dass die SPD sich mit ihrer Politik der letzten Jahre immer weiter von ihren früheren Stammwählern entfernt, wenn ich dieses Familienkonzept im Kontext mit anderen wesentlichen Konzepten der SPD wie "Rente mit 67", "Gesundheitsreform", Hartz IV" etc. sehe.
Meine Fragen dazu:
1) Tragen Sie als SPD-Bundestagsabgeordneter eigentlich die oben beschriebene Politik der SPD noch mit ?
2) Wenn ja, wie begründen Sie das eigentlich ?
Besten Dank im voraus für Ihre Antwort.
Mit freundlichem Gruß
Peter Ospald
Sehr geehrter Herr Ospald,
die von Ihnen gestellten Fragen zur Familien- und Sozialpolitik der SPD-Bundestagsfraktion möchte ich Ihnen wie folgt beantworten:
1) Als langjähriges Mitglied der SPD und der SPD-Bundestagsfraktion trage ich die Politik der Sozialdemokraten selbstverständlich mit. Die Gesellschaft befindet sich im Wandel, dementsprechend muss sich auch die Politik diesem Wandel anpassen. Diskussionen und unterschiedliche Meinungen gehören dabei zum demokratischen Prozess. Im Laufe der vergangenen Jahre hat sich beispielsweise die Rolle der Frau und somit auch der Familie grundlegend geändert, so dass wir nicht starr an alten politischen Standpunkten festhalten können.
2) Familienförderung und frühkindliche Betreuung waren schon immer sozialdemokratische Grundwerte. Sie rücken umso mehr in den Vordergrund, je mehr Frauen sich wünschen, schon nach relativ kurzer Zeit in ihren Beruf zurückzukehren. Wir müssen diesen Frauen die Rückkehr ins Berufsleben ermöglichen. Dafür benötigen wir ausreichend Krippenplätze. Erst mit einer ausreichenden Anzahl solcher Plätze haben die Familien wirklich die Wahl, ob sie ihre Kinder zu Hause betreuen oder in Kinderkrippen geben, um ihren Wunsch nach beruflicher Anerkennung erfüllen zu können. Das Wohl des Kindes muss im Vordergrund stehen, die Entscheidung liegt jedoch in der Familie.
Eine mögliche Gegenfinanzierung durch ein verändertes Ehegattensplitting bevorzugt keineswegs die außerhäusige Kindererziehung, sondern ermöglicht die notwendige Wahlfreiheit. Die angestrebten Änderungen beim Ehegattensplitting unterstreichen außerdem eine sozialdemokratische Grundforderung nach einer gerechteren Einkommensverteilung, da Eheleute/Familien mit hohem Einkommen von der anvisierten Änderung am meisten betroffen sind. Eine Kindergelderhöhung ist im Haushalt 2007 nicht vorgesehen, eine Kürzung des Kindergeldes wird es nicht geben.
Arbeitsmarktreform, Gesundheitsreform, Rente mit 67 sind in Zeiten leerer Kassen notwendige Einschnitte und gehen auch zu Lasten des Bürgers. Die demografische Entwicklung in Deutschland führt dazu, dass die Sozialversicherungen überlastet sind und immer weniger junge Menschen immer mehr Menschen im Alter finanzieren. Wir müssen einen Mittelweg finden, in dem die Lasten der Sozialversicherungen gleichmäßig auf jung und alt verteilt werden. Viele Menschen profitieren auch von der Hartzreform, so bekommen Sozialhilfeempfänger deutlich mehr Geld als vorher und sind zudem wieder in die Arbeitsvermittlung integriert. Mögliche unvorhersehbare Härten werden auf den Prüfstand kommen.
Ich hoffe, Ihnen meinen Standpunkt mit dieser Antwort deutlich gemacht zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Heinz Paula, MdB