Frage an Heinrich Stürtz von Bruno K. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Stütz,
ich bin seit 10 Jahren im Bereich Jungenförderung ehrenamtlich tätig. Die PISA-Studie hat schon im Jahr 2000 Jungenleseförderung als „wichtigste bildungspolitische Herausforderung“ dargestellt, ohne dass bis heute etwas Nennenswertes geschehen wäre. Der nationale Bildungsbericht 2008 resümiert: „Die Wahrscheinlichkeit für Jungen und junge Männer im Bildungssystem zu scheitern, nimmt zu.“ Und die Bundespolitik kann sich nicht damit herausreden, dass sie dies nichts anginge, da der Bericht „Bildungsmisserfolge von Jungen“ der Bundesbildungsministerium ganz klar auch Versäumnisse auf bundespolitischer Ebene aufzeigt, z.B. in der Erfassung der Daten zur Situation von Jungen und männlichen Jugendlichen.
Die Bildungsmisserfolge von Jungen werden bislang von der Politik nicht als Problem, sondern als positive Rückmeldung einer Geschlechterpolitik gesehen, die sich auch heute noch ausschließlich auf die „Frauenfrage“ beschränkt.
Was beabsichtigen Sie konkret zur Förderung von Jungen zu tun?
Für Ihre Antwort danke ich Ihnen im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bruno Köhler
Sehr geehter Herr Dr. Köhler,
Sie treffen den Nagel auf den Kopf!
In der gesamten Bildungsdiskussion geht das "Jungen-Problem" völlig unter. Ich hätte zB. gerne dazu etwas auf der Podiumsdiskussion letzten Dienstag bei "Kirche fragt Politik" (von der Evang.Kirche Südl. Kurpfalz ausgerichtet in Schwetzingen) gesagt, weil auch in deren Programm Männer-und Jungenarbeit nicht vorhanden ist.
Nach meiner Meinung ist der richtige Zeitpunkt schon lange versäumt. Das Problem ist von offizieller Seite, egal auf welcher politischen Ebene, nicht als Problem definiert, und ich habe die Befürchtung, daß das auch so bleiben wird/soll. Zumal sich hier ein hoher Bedarf entwickelt hat, für den natürlich auch ordentlich Geld zur Verfügung gestellt werden müßte.
Und wer wird bereit sein bzw. in der Lage, unter der künftigen Kostenlast hierfür zusätzlich Gelder bereit zu stellen?!
Was wäre zu tun als Bundestagsabgeordneter:
1. Plädoyer für eine andere Geschlechterpolitik. Im Grunde müsste ein Bewußtsein geschaffen werden, (wenn´s vielleicht auch übertrieben klingen mag), daß nach der wie auch immer zu wertenden Frauenemanzipation "jetzt die Jungs an der Reihe sind"
2. Ich bin überzeugt, daß der politische Sprengstoff dieser Problematik verkannt wird.
3. Die nach meiner Kenntnis auch im BMFSFJ vorhandenen "Überlegungen" fortführen, verstärken, Gelder, Projekte und empirische STudien einfordern, aber auch schon vorhandene praktizierte Jungens-Arbeit schnellstmöglich bei den zuständigen Ländern, auch durch entsprechenden Einfluß auf die Landes-und Kommunalpolitiker durch sofortige Bereitstellung von Geldern und Personal weiter zu führen. Auch und gerade auch ausserhalb ehrenamtlicher Tätigkeit muß das angegangen werden, weil nur durch ehrenamtliche Tätigkeit "das Kind nicht zu schaukeln" sein wird!
(Das ist nicht als Kritik an der entsprechenden ehrenamtl. Tätigkeit zu verstehen)
4. Ausserparlamentarisch (dürfte noch wichtiger sein!) mit Eltern, Elternbeiräten, Landeselternbeiräten usw. und entsprechend tätigen Organisationen die Problematik, die auf den Nägeln brennt, zu thematisieren.ABer auch in weiten Teilen der Elternschaft Bewußtsein zu fördern, daß das Problem nicht der einzelne Junge ist,es sich vielmehr um ein gesellschaftspolitisches Problem handelt.
Sehr geehrte Herr Dr.Köhler, etwas ganz anderes nebenbei:
Am 31.8. gibts eine Veranstaltung zum Weltfriedenstag am 1.9.09 in Bruchsal, Einzelheiten noch unbekannt, aber sicher über deren homepage zu erfahren (SPD Oberhausen-Rheinhausen, überparteilich, überkonfessionell usw)-mit dem Thema "Lesenacht". Jeder kann kommen und selbst vorlesen was er will, bis zum nächsten Tag, da gibts ´ne offizielle Veranstaltung.
Find ich ganz schön, mal so was anderes, werde da wohl auch mitmachen (immerhin
a u c h als eingeladener BTW-Kandidat). So eine Versammlung kann ja auch schon mal ein Forum sein....)
Wenn Sie weitere Fragen haben sollten, dann nur zu...
MfG
Heinrich Stürtz
Kandidat der Partei DIE LINKE
zur Bundestagswahl 2009