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Heinrich Kolb
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Frage von Dr. Gert K. •

Frage an Heinrich Kolb von Dr. Gert K. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Kolb,

ist die von der Regierung eingeführte Abwrackprämie nicht ein vollkommen unsinniges, blödes, verfehltes Modell voll mit wirtschaftlichem Unsachverstand?

Die Praxis bei den Autohändlern zeigt doch gerade, daß

1. sehr viele Käufer jetzt ein Auto mit der Abwrackprämie anzahlen, dann den Rest auf Pump kaufen, obwohl sie es sich eigentlich nicht leisten können, was gerade bei den kleinen Leuten zu weiterer Überschuldung führt. Vielleicht bringt die Abwrackprämie jetzt kurzfristige Effekte, aber ich frage mich: War denn nicht genau dieses Kreditvergabe-Verhalten der Banken (beliebige Kreditvergabe ohne ausreichende Sicherheit) der Auslöser für die aktuelle Wirtschaftskrise? Hat die Regierung aus dem Fehlverhalten der Banken nichts gelernt und nicht ausreichenden wirtschaftlichen Sachverstand um langfristig 1 und 1 zusammenzuzählen?

2. überwiegend kleine Marken und Autos von der Abwrackprämie profitieren, also somit überwiegend nicht-deutsche Marken wie Daihatsu oder Dacia, und somit neben der sowieso schon überzogenen EU-Finanzierung hier Deutschland auch wieder einmal blutet?

3. Menschen, die gut haushalten und ihr Auto alle paar Jahre ordentlich ersetzen, in den letzten Jahren ihr Auto sowieso schon ersetzt haben und dann gar nicht in den Genuß der Abwrackprämie kommen können, also wieder mal und - wie ja sowieso schon üblich - die Korrekten und die Leistungsträger bestraft werden?

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Gert Köhlbrandt

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Köhlbrandt,

vielen Dank für Ihre Frage vom 4. Februar 2009, die ich gerne beantworten will.

Die Bundesregierung erwartet im laufenden Jahr eine Abschwächung der wirtschaftlichen Lage von voraussichtlich -2,25 Prozent Rückgang des Bruttoinlandsprodukts. Insbesondere die europäische Automobilindustrie ist schon seit Monaten von dieser Entwicklung im besonderen Maße betroffen. Hierzu hat in der Bundesrepublik auch - aber nicht nur - die seit Anfang 2007 geltende Erhöhung der Mehrwertsteuer beim Fahrzeugkauf, bei Reparaturen und beim Mineralöl beigetragen. Das Teilsegment ´Lastkraftwagen´ ist in Deutschland nicht zu letzt durch die Erhöhung der LKW-Maut negativ betroffen. Der Absatz von Bussen ist ohnehin in erheblichem Umfang durch öffentliche Beschaffungsnachfrage geprägt, die scheinbar ausbaufähig ist. Vor diesem Hintergrund ist eine staatliche Mitverantwortung zwar nicht bei der Entstehung, aber doch bei der Ausprägung der gegenwärtigen Branchenkrise nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Mit der übereilt verabschiedeten ´Abwrackprämie´ hat die Bundesregierung nur scheinbar eine Entlastung bewirkt.

Ich sehe die von der Bundesregierung im Rahmen des zweiten Konjunkturpakets eingeführte ´Abwrackprämie´ für Altautos daher ähnlich kritisch wie Sie. Viele Halter älterer Fahrzeuge können die Anschaffung eines Neuwagens auch unter Berücksichtigung der ´Abwrackprämie´ allein aus ihrem frei verfügbaren Einkommen oder aus ihrem Ersparten nicht finanzieren. Die Kunden, die sich für einen Kauf entscheiden, ziehen letztlich nur vor, was sie ohnehin zu einem späteren Zeitpunkt geplant hätten. Der damit verbundene Effekt lässt allerdings einen Markteinbruch bei Neuwagenkäufen in der Zeit nach der Subventionierung befürchten. Hinzu kommt, dass mit der ´Abwrackprämie´ eine einzelne Branche eine Subventionierung erhält, die dazu führt, dass die notwendigen Anpassungsprozesse im Hinblick auf die Marktpreise unterbleiben. Andere Marktbereiche hingegen, wie etwa Werkstätten oder Automobilteilehersteller, für die überwiegend ältere Fahrzeuge die Geschäftsgrundlage bilden, werden dafür belastet. Davon, dass von der Subventionierung vor allem ausländische Automobilhersteller profitierten, ist indes nicht auszugehen, denn diese Unternehmen lassen auch in Deutschland produzieren.

Im Ergebnis wird mit der ´Abwrackprämie´ die Verschrottung von in den meisten Fällen noch durchaus fahrtüchtigen Fahrzeugen gefördert und ein Anreiz zur Vernichtung volkswirtschaftlichen Vermögens geschaffen. Ähnlich sinnvoll erscheint es mir, dass Einwerfen von Fensterscheiben zu fördern.

Die FDP im Deutschen Bundestag hat sich im Verlauf der parlamentarischen Beratungen über das Hilfspaket der Bundesregierung für eine Zurücknahme der ´Abwrackprämie´ ausgesprochen, konnte die umstrittene Maßnahme allerdings weder im Bundestag noch im Bundesrat verhindern. Mittelfristig müssen die Rahmendaten für den Industriestandort Deutschland verbessert und die bestehenden Wachstumskräfte weiter gestärkt werden. Wir Liberale plädieren daher für eine dauerhafte Entlastung der Steuerzahler. Denn, wer die Konjunktur ankurbeln will, der muss den Menschen mehr Netto von ihrem hart erarbeiteten Brutto belassen. Dafür setzen wir uns ein und hoffen auf Ihre Unterstützung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Heinrich L. Kolb