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Heinrich Kolb
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Frage von Ekkehard B. •

Frage an Heinrich Kolb von Ekkehard B. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Dr. Kolb,

(Folgende Fragen habe ich vor einem Monat ihrem Kollegen Otto Fricke gestellt, der leider nicht zeitnah antworten konnte. Sie scheinen aber sowieso der geeignetere Ansprechpartner zu sein.)

Auf den ersten Blick erscheint mir das "Riestern" eine ungünstige Investition zu sein: Den hohen Gebühren der Versicherer steht eine niedrige Garantieverzinsung (niedriger als z.B. Bundesschatzbriefe) gegenüber. Dafür legt man sein Geld extrem lang (für Jahrzehnte) fest an. Will man vorzeitig an das Geld, z.B. zum Kauf einer Immobilie, so muß man unter Hinnahme deutlicher Verluste vorzeitig kündigen. Vererben ist ebenfalls nur mit Einschränkungen möglich, die ich von anderen Geldanlagen so nicht kenne.

Attraktiv wird "Riester" erst nach Berücksichtigung der staatlichen Zuschüsse und Steuererleichterungen.

Mein Geld investiert die Versicherung dann wohl in Aktien oder andere Wertpapiere. Einen Aktienfonds hätte ich mir aber auch direkt selber kaufen können, ohne diese schröpfende Zwischenstation. Daher lautet meine erste Frage: Wieso werde ich, wenn ich staatliche Förderung meiner privaten Altersvorsorge in Anspruch nehmen will, dermaßen mit dem erzwungenen Zwischenschalten eines unnützen Mittelsmannes gegängelt? Ist das Berlins Vorstellung von "Eigenverantwortung"?

Außerdem wird hier eine eindeutig miserable Geldanlage nachträglich durch hohe Steuersubventionen über eine Vielzahl eigentlich besserer, aber unsubventionierter Anlageprodukte erhoben. Zweite Frage: Ist das nicht ein eindeutiger Fall staatlicher Wettbewerbsverzerrung? Oder ist das Berlins Vorstellung von "freier Marktwirtschaft"?

Dritte Frage: Könnte man "Riester" nicht komplett abschaffen, und mit den eingesparten Subventionen den Sparerfreibetrag deutlich erhöhen? So könnte jeder tatsächlich eigenverantwortlich vorsorgen, und ohne "steueroptimierende" Erwägungen die tatsächlich beste Anlage wählen.

Vierte Frage: Was schlägt die FDP vor, um diese Mißstände zu beenden?

Mit freundlichen Grüßen,

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Braun,

vielen Dank für Ihre Anfrage, mit der Sie ein Problem ansprechen, das viele
Bürger bewegt.

Einige Bemerkungen vorab:

Welche Rendite das Riestersparen am Ende wirklich erbringt, kann heute noch niemand vorhersehen. Dies wird von den gewählten Versicherern und den individuell gewählten Vorsorgeprodukten abhängen. Die unterschiedlichen Untersuchungen in einschlägigen Fachmagazinen weisen darauf sehr regelmäßig hin. Auch für andere Kapitalmarktprodukte kann heute noch niemand deren endgültige Rendite vorhersehen. Dabei muss man sehen, dass gerade für Geringverdiener Förderquoten von bis zu über 80 Prozent mit der Riesterförderung eingeführt wurden. Die "Riesterrente" ist kein eigenes Kapitalmarktprodukt, sondern eine besondere Zertifizierung für ganz verschiedene Altersvorsorgeprodukte. Diese Produkte sind nicht nur für die Riesterrente geschaffen worden, sondern auch ansonsten prinzipiell marktfähige Produkte. Unter ein Riesterprodukt können daher Rentenverträge aber auch Fondssparpläne fallen. Letztere werden vor allem jüngeren Menschen empfohlen, da sie bei einem etwas höheren Risiko potentiell eine etwas höhere Rendite erwirtschaften.

Zu Ihrer ersten Frage:

Ein Vergleich einer Riesterrente mit einem Bundesschatzbrief ist meines Erachtens nicht einfach so möglich. Ein Bundesschatzbrief wird verzinst und ausgezahlt, ein Rentenvertrag dagegen auf die durchschnittliche Lebenserwartung kalkuliert. Daher muss dort berücksichtigt werden, dass einige Menschen länger leben und dadurch auch eine individuell recht hohe Rendite erzielen. Ein Bundesschatzbrief garantiert eben auch keine lebenslange Rente. Genau darauf zielt die Riesterförderung aber ab.

Ein Aktienfonds ist gerade nicht das Altersvorsorgeprodukt, das aus Sicht der Gesellschaft gewünscht wird. Sie muss ein starkes Interesse daran haben, dass die Menschen nicht im Alter auf die steuerfinanzierte Grundsicherung zurückfallen. Dafür sollen Rentenprodukte erworben werden. Dies ist der Grund für die Förderung von verrenteten Produkten. Dabei können die Versicherungen aber durchaus auch Fondssparpläne etc. für die Finanzierung der Riesterrente nutzen.

Die Riesterente kann neuerdings auch für die Finanzierung von Immobilien verwendet werden. Ihre zutreffende Kritik ist vom Gesetzgeber aufgenommen worden, wenn auch die gefundene Lösung aus Sicht der FDP-Fraktion zu bürokratisch ist, weil später im Alter Steuern nachgelagert anfallen.

Zu Ihrer zweiten Frage:

Es handelt sich nicht um eine willkürliche Wettbewerbsverzerrung, weil eben eine Vielzahl von Produkten riesterfähig ist. Allerdings haben Sie schon Recht in dem Sinne, dass die Abschlüsse von anderen nicht geförderten Produkten stark zurückgegangen sind, während die Abschlüsse von Riesterprodukten stark zunehmen. Insofern hat die Riesterförderung dazu geführt, dass geförderte Altersvorsorgeprodukte stärker in Anspruch genommen werden als solche, die die Zertifizierungskriterien nicht erfüllen.

Zu Ihrer dritten Frage:

Ich stimme Ihnen zu, dass der Steuerfreibetrag, den die Regierung abgesenkt hat, höher sein sollte. Das kommt gerade Menschen mit geringeren Einkommen zugute, insbesondere jetzt, da die Inflation die Ersparnisse noch angreift. Altersvorsorgepolitik zielt aber darauf ab, Rentenansprüche zu fördern. Denn nur dann ist sichergestellt, dass der Betreffende im Alter abgesichert ist und nicht die Solidargemeinschaft mit Steuermitteln Grundsicherungsleistungen für ihn erbringen muss. Insofern ist geförderte Altersvorsorgepolitik schon ein Ausfluss des Selbstverantwortungsprinzips.

Noch eine abschließende Bemerkung:

Die FDP setzt sich dafür ein, dass eine möglichst breite Auswahl an Altersvorsorgeprodukten den Menschen zugänglich gemacht wird. Zudem müssen die Kostenstrukturen transparent gemacht werden, so dass die Versicherten wirklich sehen, ob sie attraktive Verzinsungen erhalten und welche Verwaltungskosten ihnen abgezogen werden. Dann werden sich hoffentlich einige Ihrer Fragen endgültig beantworten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Heinrich L. Kolb