Frage an Heinrich Kolb von Jürgen H. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Kolb,
Ihre Fraktion hatte im Sommer dieses Jahres dankenswerterweise eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gerichtet, die die Rentenanwartschaften der Altübersiedler zum Gegenstand hatte. Die Antwort, dokumentiert in der Drucksache BT 16/5571, läßt vieles von dem offen, was von Ihrer Seite gefragt war.
Insbesondere vermeidet es die Bundesregierung konsequent, eine rechtlich fundierte Begründung für die rückwirkende Anwendung des RÜG auf den Typus "Altübersiedler" zu geben. Schließlich handelt es sich bei diesen um Versicherte, die zum Zeitpunkt des Beitritts der DDR bereits Bundesbürger und Versicherte einer altbundesdeutschen Rentenversicherung waren. Das RÜG hingegen war zu dem Zweck geschaffen worden, die Rentenanwartschaften der im Zuge des Beitritts neu hinzukommenden Versicherten der DDR-Rentenversicherungsträger in bundesdeutsches Recht zu transformieren.
Ich glaube mit einigem Recht davon ausgehen zu können, daß auch Sie die Regierungsantwort für unzureichend halten.
Ein besonderes Problem ergibt sich nun daraus, daß die BT 16/5571 als Dokument in Ihrem Hause eine gewisse Verbreitung erfahren hat und daraufhin von manchem Abgeordneten, der von unserer Seite angesprochen wird, als abwürgendes Argument benutzt wird. Das klingt dann ungefähr so: "Die Regierung hat die Zusammenhänge erklärt, und damit ist alles gesagt. Basta." So in etwa Herr Dr. Wiefelspütz, SPD auf dieser Plattform.
Ich hatte mir erlaubt, mit Schreiben vom 05.09.2007 den Sozialpolitischen Sprechern der im Bundestag vertretenen Fraktionen eine Stellungnahme zur BT 16/5571 zuzuschicken, in der ich den Nachweis erbracht habe, daß die wesentlichen in der Antwort enthaltenen Textbausteine unzutreffend, irreführend bzw. falsch sind.
Diese Unterlage liegt auch Ihnen vor. Welche Möglichkeit sehen Sie, der Regierung zu signalisieren, daß Ihre Fraktion mit den Ausführungen nicht zufrieden sein kann? Werden Sie mit dieser Zielstellung noch einmal tätig?
M.f.G., J. Holdefleiß
Sehr geehrter Herr Holdefleiß,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 12.12.2007, die Sie über das Forum www.abgeordnetenwatch.de an mich gerichtet haben.
Aus Ihren Ausführungen, die ich sehr aufmerksam gelesen habe, wird deutlich, dass das Thema Fremdrentengesetz und Rentenüberleitung für Übersiedler vor dem Mauerfall nach wie vor ein problematisches Thema ist, das nicht nur bei Ihnen für Verärgerung sorgt.
Die rückwirkende Neuregelung der Rentenanwartschaften der Übersiedler stellt durch den Übergang vom Fremdrentengesetz (FRG) zum Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) einen Eingriff in deren Rechtsposition aus dem FRG dar.
Die FDP-Bundestagsfraktion ist sich dieser Problematik bewusst und hat daher, wie Sie wissen, im Sommer letzten Jahres an die Bundesregierung eine Kleine Anfrage gestellt (BT-Drs. 16/5466), die gerade den Zweck hatte, das Problem juristisch und politisch noch einmal aufzurollen.
Es wird durch die Kleine Anfrage deutlich, dass die Umstellung vom FRG zum RÜG für manche Übersiedler positive Effekte hatte, was die Höhe der Renten betrifft, für manche negative. Insbesondere für Frauen ergibt sich durch die vorgenommene Umstellung nach Auskunft des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durch diese Umstellung ein positiver Effekt.
Rentenreduzierende Wirkungen traten bei denen ein, die während ihrer Erwerbstätigkeit in der ehemaligen DDR keine Beiträge in die Freiwillige Zusatzrentenversicherung (FZR) gezahlt haben. Es ist auch nachvollziehbar, dass jemand, der einen Ausreiseantrag gestellt hat und sich innerlich vom System der DDR verabschiedet hatte, nicht Beiträge für ein System zahlen wollte, das er ablehnt und gerade verlassen will.
Aus der Auswertung der Kleinen Anfrage folgt jedenfalls, dass eine pauschale Rückkehr zu den Rechtspositionen des FRG für alle von der Umstellung betroffenen nicht möglich ist. Dies würde nur neue Verärgerung bei denen schaffen, die durch die Umstellung vom FRG zum RÜG begünstigt wurden.
Die Arbeitsgruppe der FDP-Bundestagsfraktion arbeitet daher an einer Lösung, die genau auf den Personenkreis zugeschnitten ist, der negativ von der Umstellung betroffen ist, weil er keine FZR-Beiträge gezahlt hat. Diese Lösung muss auf der einen Seite die Interessen der Bestandsübersiedler wahren, zugleich aber auch die der Beitrags- bzw. Steuerzahler, die für eine höhere Rentenzahlung finanziell aufkommen sollen.
Die Zielrichtung der FDP-Bundestagsfraktion in dieser Frage habe ich Ihnen hoffentlich hinreichend deutlich machen können.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Heinrich L. Kolb