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Heinrich Kolb
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Frage von Robert B. •

Frage an Heinrich Kolb von Robert B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Dr. Kolb,

mit dem Ziel zu dokumentieren, dass die Bundesregierung die Bevölkerung über das wahre Ausmaß der Arbeitslosigkeit täuscht, veröffentlicht die Linke regelmäßig tatsächliche Arbeitslosenzahlen, die gravierend von der offiziellen Arbeitslosenstatistik differieren. Dabei nimmt die Linke Bezug auf Monatsberichte sowie abgefragte Sonderauswertungen der Bundesagentur für Arbeit, die in den Monatsberichten nicht veröffentlicht sind.

Tatsächliche Arbeitslosigkeit im Dezember 2011: 3.800.963
Offizielle Arbeitslosigkeit: 2.780.206
Nicht gezählte Arbeitslose: 1.020.757
Nicht gezählte Arbeitslose aufgeschlüsselt:
Älter als 58, beziehen Arbeitslosengeld I und/oder ALG II: 359.190
Ein-Euro-Jobs (Arbeitsgelegenheiten): 163.842
Fremdförderung: 68.793
Beschäftigungsphase Bürgerarbeit: 19.125
Berufliche Weiterbildung: 168.292
Eignungsfeststellungs- und Trainingsmaßnahmen (z.B. Bewerbungstraining): 25
Aktivierung und berufliche Eingliederung (z.B. Vermittlung durch Dritte): 143.184
Beschäftigungszuschuss (für schwer vermittelbare Arbeitslose): 9.999
Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen: 553
Kranke Arbeitslose (§126 SGB III): 87.754

http://www.die-linke.de/politik/themen/tatsaechlichearbeitslosigkeit/

Was sagen Sie zu diesen Zahlen? Stimmen sie oder sind sie falsch? Falls sie falsch sind, können Sie freundlicherweise konkret nachweisen, wo sich die Fehler in der Arbeitslosenstatistik der Linken befinden?

Mit freundlichen Grüßen

Robert Berg

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Berg,

vielen Dank für Ihre Email vom 04. Januar mit der Frage nach der Aufschlüsselung der Arbeitslosenzahlen.

Mir ist die Veröffentlichung der Arbeitslosenzahlen der Partei Die Linke bekannt.
Die Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht die Arbeitslosenzahlen nach der aktuellen Gesetzeslage. Diese Gesetzeslage hat sich seit 2008, also vor Beginn der Regierungsbeteiligung der FDP, nicht mehr geändert, nachdem vorher durch die sogenannten „Hartz“-Reformen der gesamte Bereich der Arbeitslosen- und Sozialhilfe neu gefasst wurde.
Arbeitslosigkeit im engeren Sinne wird definiert mit der Zahl der Personen, die die Kriterien des § 16 Abs. 1 SGB III (Beschäftigungslosigkeit, Arbeitssuche/Verfügbarkeit, Meldung) und des § 16 Abs. 2 SGB III (keine Teilnahme an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme) erfüllen. Beschäftigungslosigkeit besteht auch bei einer Tätigkeit, die nicht mehr als 15 Stunden in der Woche umfasst. Teilnehmer an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen gelten nicht als arbeitslos. Ebenfalls nicht als arbeitslos gelten Bezieher von Arbeitslosengeld II, die älter als 58 sind, seit mindestens 12 Monaten Arbeitslosengeld II beziehen und denen in dieser Zeit keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung angeboten wurde (§ 53a II SGB II).
Unterbeschäftigung wird definiert als die Zahl der Arbeitslosen im weiteren Sinne + zeitweise Arbeitsunfähige + Personen in einem arbeitsmarktpolitischen Sonderstatus, z. B. Altersteilzeit oder Kurzarbeit.
Damit liefert das Konzept der Bundesagentur für Arbeit zur Unterbeschäftigung ein möglichst umfassendes Bild vom Defizit an Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt der deutschen Volkswirtschaft. Es umfasst auch die sog. „stille Reserve“, allerdings nur soweit diese statistisch tatsächlich greifbar ist und nicht auf ökonometrischen Schätzungen beruht. Die „stille Reserve“ bezeichnet Personen, die dem Arbeitsmarkt grundsätzlich zur Verfügung stehen würden, aber z.B. aus mangelndem ökonomischem Bedarf aktiv keine Arbeit suchen.
Weder die Bundesagentur für Arbeit, noch die Bundesregierung, täuschen über die aktuellen Zahlen am Arbeitsmarkt. Auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales finden Sie weiterführende Links zu allen Fragen der Arbeitslosenstatistik, auch zu Menschen in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen:

http://www.bmas.de/DE/Themen/Arbeitsmarkt/Arbeitsmarktstatistiken/arbeitsmarktstatistik.html

Diese Seite verweist Sie auf die Seite der Bundesagentur für Arbeit, wo Sie ebenfalls die entsprechenden Zahlen und noch sehr viel detailliertere und weitergehende Informationen zu der Arbeitsmarktstatistik finden (unter anderem z.B. eine regionale Aufschlüsselung):

http://statistik.arbeitsagentur.de/Navigation/Startseite/Startseite-Nav.html

Hier finden Sie alle Zahlen, die zur Bewertung des deutschen Arbeitsmarktes notwendig sind.

Die Zahlen der Partei Die Linke sind nicht falsch, sie beziehen nur auch Menschen mit ein, die dem Arbeitsmarkt jedoch gar nicht zur Verfügung stehen. So ist es nicht sinnvoll, einen Arbeitslosen vermitteln zu wollen, der mitten in einer Weiterbildungs- oder Qualifizierungsmaßnahme ist, der krank ist oder der im Rahmen z.B. der Bürgerarbeit gerade versucht, seine sogenannten „Vermittlungshemmnisse“ abzubauen. Für die Bundesagentur für Arbeit ist es jedoch relevant, wie viele Menschen dem Arbeitsmarkt grundsätzlich zum Zeitpunkt der Erhebung bereitstehen.

Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort meine Position näher gebracht zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Heinrich L. Kolb