Frage an Heinrich J. Dingeldein von Markus K. bezüglich Wirtschaft
Guten Tag, wie sehen Sie den neuesten Angriff auf Arbeitnehmerrechte durch Herrn Merz (CDU)? Dieser schlägt vor das Betriebsräte durch die Belegschaft finanziert werden sollen. Angeblich wird dieses schon in Österreich so praktiziert, was eine Desinformation ist. Tatsache ist: Auch in Österreich trägt der Arbeitgeber die Kosten der Gehälter für freigestellte Betriebsratsmitglieder. So steht es im § 117 des österreichischen Arbeitsverfassungsgesetzes. Die Anzahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder liegt auch nicht etwa im Ermessen der Belegschaft, sondern ist in der gleichen Vorschrift geregelt. Ab einer Belegschaftsgröße von 150 Arbeitnehmern ist ein Betriebsratsmitglied freizustellen, ab 700 zwei, ab 3.000 drei. Anders als in Deutschland kann die Betriebsversammlung in österreichischen Betrieben beschließen, einen Betriebsratsfond einzurichten (§ 72 Arbeitsverfassungsgesetz). Die Umlage dazu darf nicht mehr als 0,5 Prozent der Bruttogehälter betragen. Aus diesem vom Betriebsrat verwalteten Fond werden einerseits Kosten der Geschäftsführung des Betriebsrats bezahlt (Fahrt- und Schulungskosten), andererseits dient er zur Finanzierung von Sozialeinrichtungen, z.B. Betriebssport oder Unterstützungszahlungen an Belegschaftsmitglieder.
Sehr geehrter Herr Karger,
die Kosten der betrieblichen Vertretung der Arbeitnehmer gehen als gesamtbetriebliche Kosten in die Preis-Kalkulation ein, die letztlich wieder Einfluss auf die Konkurrenzfähigkeit eines Unternehmens nimmt.
Diese so niedrig wie möglich zu halten, sollte im Interesse der Arbeitsplätze Anliegen aller beteiligten Parteien sein. Es sollte also darauf ankommen, einvernehmliche, nicht vom Gesetz verordnete Lösungen zu finden.
Auf Arbeitnehmerseite sollte man sich darüber im klaren sein, dass eine wirkliche Unabhängigkeit des Betriebsrats nur dann gegeben ist, wenn er nicht am finanziellen Tropf des Unternehmens hängt. (Dass dann solche krummen Dinge wie bei VW auch nicht möglich wären, sei am Rande vermerkt.)
Mit freundlichem Gruß
Ihr
Heinrich J. Dingeldein