Frage an Heiko Melzer von Stefanie S. bezüglich Soziale Sicherung
Werter Herr Melzer,
in der aktuellen Debatte innerhalb der Bundes-CDU um die politische Ausrichtung Ihrer Partei hat der Ministerpräsident von NRW, Jürgen Rüttgers, eine stärkere Hinwendung zur Sozialpolitik angemahnt. Es sei eine „politische Lebenslüge“ der CDU zu glauben, durch das Senken von Unternehmenssteuern würden Arbeitsplätze entstehen. Rüttgers verwies in diesem Zusammenhang auf Erfahrungen in seinem eigenen Bundesland.
Wie kommentieren Sie diese Aussage?
Unterstützen Sie Rüttgers’ Position oder nicht?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Frau Schulz,
ich teile die Einschätzung, wonach die CDU die Sozialpolitik nicht aus dem Auge verlieren darf. Allerdings habe ich innerhalb der CDU auch diesbezüglich keine Sorge, gerade am vergangenen Montag haben wir in Spandau dazu eine Veranstaltung mit dem sozialpolitischen Sprecher im Bundestag, Ralf Brauksiepe durchgeführt. Da aber auch gilt: "Sozial ist, was Arbeit schafft!" müssen für mehr Arbeitsplätze die Rahmenbedingungen richtig gesetzt werden - im Bund und in Berlin.
Bei Steuererleichterungen für Unternehmen halte ich eine Unterscheidung von Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften für dringend notwendig. Beide sind nicht 1:1 miteinander vergleichbar.
Gerade große Kapitalgesellschaften, oftmals börsennotierte Aktiengesellschaften, zahlen zu einem großen Teil in Deutschland schon seit vielen Jahren keine Steuern mehr. Da diese durch ihre internationalen Verflechtungen - ganz legal - die Möglichkeit haben, Gewinne in die Länder zu verlagern in denen der Steuersatz am Günstigsten ist. An derartig niedrige Steuersätze werden wir in der Bundesrepublik nie herankommen.
Leider sind die Unternehmenssteueranpassungen (zum Beispiel Körperschaftssteuer) der rot-grünen Bundesregierung bis 2005 komplett an den kleinen und mittleren Unternehmen, den Personengesellschaften, vorbeigegangen. Die Großen haben die Gelder zurückerhalten, die die kleineren Unternehmen gezahlt haben.
Der Mittelstand in Deutschland stellt 85 Prozent der Ausbildungsplätze und zahlt nahezu 80 Prozent der Unternehmenssteuern. Diese mittelständischen Unternehmen sind aber zu 85 Prozent in der Rechtsform einer Personengesellschaft organisiert.
Ich möchte mich in Zukunft im Land Berlin für bessere Rahmenbedingungen für eben diesen Mittelstand engagieren. Da viele Steuergesetze im Bund gemacht werden, hoffe ich, dass auch die SPD in der großen Koalition die Notwendigkeit erkennt, den Mittelstand und die Personengesellschaften zu unterstützen. Einen politischen Schwerpunkt hier zu setzen, ermöglicht es der Politik, für vernünftige Rahmenbedingungen für mehr Investitionen, Arbeits- und Ausbildungsplätze zu sorgen. Dass gleichzeitig die soziale Marktwirtschaft auch "sozial" bleiben muss, ist dabei unbestritten.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr
Heiko Melzer