Frage an Heike Dülfer von Gerd H. bezüglich Recht
Sehr geehrte/ Kandidat/in,
ich möchte Sie mit einem auf dem ersten Blick regionalem, auf dem zweiten Blick aber nationalem Problem vertraut machen und Ihnen dazu einige Fragen stellen. Möglicherweise ist Ihnen das Problem bekannt.
Es geht um das so genannte „Bombodrom“. Auf einem ehemals sowjetischen Truppenübungsplatz in der Kyritz-Ruppiner Heide (100 km nördlich von Berlin) möchte das Verteidigungsministerium seit dem Jahre 1992 den größten Luft- Boden- Schießplatz (144 qkm) Europas einrichten. Geplant von der Bundeswehr sind bis zu 1700 Übungseinsätze jährlich, hinzukommen möglicherweise Übungseinsätze der Nato-Partner. Diese Einsätze bedeuten mehrmaliges Überfliegen (Tiefflüge unter 300 m, im Zielgebiet bis 30 m) des Müritz-Nationalparkes und anderer Naturschutzgebiete. Die Menschen in der Region kämpfen seit Beginn der Pläne dagegen und fürchten um ca. 2000!! Arbeitsplätze in der Tourismusbranche (Aussage der IHK zu Neubrandenburg). Viele Investoren stehen vor der Tür und möchten in den Tourismus investieren, warten aber eine endgültige Entscheidung der Gerichte und/oder Politik ab. In der Länderübergreifenden Region ist der Tourismus die einzige Branche mit positiven Erfolgsaussichten für die Entwicklung der Region und dem Arbeitsmarkt. Der Senat von Berlin sowie die Landesregierungen von Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern haben sich für eine zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide ausgesprochen. Der militärische Nutzen des Boden-Luft-Schießplatzes wird mittlerweile selbst von Militärfachleuten in Frage gestellt. Weitere Informationen finden Sie unter www.freier-himmel.de oder www.freie-heide.de .
Nun meine Fragen:
1.) Wie würden Sie bei einer Endscheidung im Bundestag entscheiden, für die zivile oder militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide?
2.) Würden Sie sich der Meinung Ihrer Fraktion anschließen oder einzig Ihrem Gewissen bei dieser Entscheidung folgen?
3.) Wenn Sie sich für die militärische Nutzung entscheiden würden, könnten Sie bei dem Gedanken, mehr als 2000 Arbeitsplätze vernichtet zu haben, ruhig schlafen?
4.) Können Sie angesichts der hohen Kosten die Verantwortung für den noch jahrelangen Gerichtstreit übernehmen?
5.) Wenn Sie sich für die zivile Nutzung aussprechen, wie wollen Sie den 13 Jahre langen Protest der Bürger in der Region unterstützen?
6.) Nehmen Sie den größten Bürgerprotest in der Bundesrepublik Deutschland ernst?
Mit freundlichen Grüßen
Gerd Hernacz
Sehr geehrter Herr Hernacz,
die letzen 6 Jahre habe ich intensiv mit und für den Bund Naturschutz gearbeitet, und auf dieser Verbindung (BUND) von dem von Ihnen genannten Problem erfahren. Ich stehe da voll auf der Seite des Naturschutzes, wobei ich jetzt im Einzelnen nicht weiß, was sich die dortige Bevölkerung genau vorstellt. Aber als langjährige GRÜNE Mandatsträgerin bin ich gewöhnt, ggf. eine Minderheitenmeinung zu vertreten, manchmal auch gegen die Mehrheitsmeinung in der GRÜNEN-Partei.
Als Naturschützerin und -liebhaberin habe ich gelernt, daß auch die größten (Natur)katastrophen Chancen für Neubeginn bedeuten. Also analog gedacht: auch ein Wegbrechen von Arbeitsplätzen kann Platz machen für andere Arbeitsplätze. Ich halte unsere als "umständlich" und "langwierig" und "wirtschaftsfeindlich" bezeichneten Regularien der Entwicklungsplanung oder auch der Gerichtswege für ein notwendiges Übel unserer demokratischen Gesellschaftsordnung. Die Kosten eines Entscheidungsprozesses fließen letzlich wieder irgendwo in die Gesellschaft. Und nur um Kosten- oder "Nerven" zu sparen, einen bestimmten Weg einzuschlagen, das ist keine hinreichende Entscheidungsbegründung! Ich nehme Bürgerproteste grundsätzlich immer sehr ernst, nur gilt für mich auch für "Bürgermeinung", was ich über die Partei-meinung gesagt habe. Mein eigenes Urteil bzw. Gewissen hat Vorrang, alles andere wäre ja "Erpressung durch Masse". Vor einer Entscheidung im konkreten Fall würde ich natürlich mehr Sachkenntnis erlangen als jetzt in diesem hypothetischen Fragespiel. Ich bitte, mir nachzusehen, daß ich jetzt nicht diesen konkreten Fall des Truppenübungsplatzes "studieren" kann.
Ich hoffe, alles verständlich beantwortet zu haben. Ansonsten bitte ich um "Nachhaken "
mit besten Grüßen aus dem Bayerischen Wald
heike dülfer