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Heike Brehmer
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Frage von Daniel P. •

Was hat Sie persönlich dazu bewogen, der gestrige Entscheidung zum Schuldenpaket und der damit einhergehenden Grundgesetzänderung zuzustimmen?

Sehr geehrte Frau Brehmer,

ich bin fassungslos angesichts der gestrigen Entscheidung im Bundestag, der gesamten damit verbundenen Vorgehensweise und dem Abstimmverhalten seiner gewählten Vertreter. Als Bürger des Harzkreises würde ich gern Ihre persönlichen Motive in Hinblick auf Ihre diesbezügliche Zustimmung verstehen.

Vielen Dank im Voraus

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr P.,

in Beantwortung Ihrer Anfrage möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich Ihre Bedenken nachvollziehen kann, da es sich bei einer Grundgesetzänderung um eine besonders verantwortungsvolle Entscheidung mit hoher Tragweite handelt. Sie fragen nach meinen persönlichen Motiven. Gern möchte ich Ihnen wie folgt die entsprechenden Hintergründe hierzu erläutern.

Im Deutschen Bundestag wurde am Dienstag, d. 18. März 2025 die Grundgesetzänderung beschlossen. Am Freitag, d. 21. März 2025 liegt die Grundgesetzänderung dann zur Entscheidung im Bundesrat. 

Die Grundgesetzänderung betrifft drei Säulen: 

1. Säule: Verteidigungsausgaben, Ausgaben für den Zivil- und Bevölkerungsschutz, für die Nachrichtendienste, für den Schutz der informationstechnischen Systeme und für die Hilfe für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten oberhalb von 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nehmen wir von der Schuldenregel des Grundgesetzes aus. 

2. Säule: Die Regeln zur Schuldenbremse für die Länder werden so angepasst, dass den Ländern zukünftig – analog zum Bund – eine jährliche Neuverschuldung in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestattet ist. 

3. Säule: Wir schaffen ein “Sondervermögen“ von 500 Mrd. EUR mit einem Bewilligungszeitraum von 12 Jahren für zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur und für zusätzliche Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität bis zum Jahr 2045. Ein Teilbetrag des Sondervermögens von 100 Mrd. EUR kommt den Ländern und Kommunen für eigene Investitionen zugute. Weitere 100 Mrd. EUR aus dem Sondervermögen werden dem Klima- und Transformationsfonds zugeführt. 

Wichtig ist mir hierbei, Folgendes richtig zu stellen: In den letzten Tagen kamen irreführende Diskussionen zur rechtlichen Bedeutung bestimmter Formulierungen des Gesetzes auf. Dies betrifft insbesondere die Formulierung „Klimaneutralität bis 2045“ im neuen Art. 143h Abs. 1 des Grundgesetzes. So wurde einerseits behauptet, damit werde eine neue Staatszielbestimmung geschaffen. Andererseits wurde angeführt, Investitionen aus dem Sondervermögen könnten fortan ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Klimaneutralität getroffen werden. Beides ist falsch. Richtig ist vielmehr:

 

  1. Keine neue Staatszielbestimmung: Bereits seit über 30 Jahren ist der Schutz der „natürlichen Lebensgrundlagen“ in Art. 20a GG als Staatszielbestimmung genannt. Das Bundesverfassungsgericht hat 2021 entschieden, dass darunter auch Klimaschutz und perspektivisch Klimaneutralität zu verstehen ist. Das ist bereits heute geltendes Recht. Durch den neuen Art. 143h Abs. 1 GG wird diese Rechtslage nicht geändert. Bei dem neuen Artikel handelt es sich vielmehr um eine rein finanzverfassungsrechtliche Vorschrift, die auf das Sondervermögen begrenzt ist. Daraus ergibt sich kein neues und kein geändertes Staatsziel. Das bestätigt auch der ehemalige Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio: „Das Ziel der Klimaneutralität für Deutschland bis 2045 ist allein im Klimaschutzgesetz des Bundes fixiert und könnte dort auch weiter ausgestaltet oder verändert werden.“ (FAZ vom 17.3.) Die Zweckbeschreibung des Sondervermögens bezieht sich also auf dieses einfachgesetzliche Ziel, geht aber in ihrer Wirkung nicht darüber hinaus. 

     

  2. Keine ausschließliche Zweckbindung Klimaschutz: Das Sondervermögen wird eingerichtet „für zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur und für zusätzliche Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität“. So steht es im Gesetzentwurf. Wie bereits an der doppelten Nennung des Wortes „zusätzlich“ deutlich wird: Es handelt sich um zwei getrennte, nebeneinanderstehende Zweckbestimmungen. Beide Zwecke sind nicht kumulativ zu verstehen. Investitionen aus dem Sondervermögen müssen also nicht gleichzeitig der Infrastruktur und der Klimaneutralität dienen, sondern nur einem dieser beiden alternativen Zwecke. Um es auf den Punkt zu bringen: Die Erfüllung eines derbeiden Zwecke genügt. Wie die Mittel des Sondervermögens in den nächsten zwölf Jahren bewilligt werden, entscheidet der Gesetzgeber – also die Mehrheit des Deutschen Bundestages – im Rahmen der ausstehenden Bundesgesetzgebung und der künftigen Haushaltsaufstellungen. Welcher Anteil dabei auf „Infrastruktur“ und welcher Anteil auf „Klimaneutralität“ entfällt, kann vom Gesetzgeber frei festgelegt werden. 

 

Sehr geehrter Herr P.,

wir sind uns darüber im Klaren, dass die neuen Verschuldungsmöglichkeiten eine kreditfinanzierte Investition auf unsere Zukunft sind. Dieser Weg lässt sich nur rechtfertigen, wenn wir Reformen und Erneuerung unseres Staatswesens durchsetzen, mit denen unser Staat auch in den Augen unserer Bevölkerung wieder handlungsfähig wird. Diesem Anspruch muss eine zukünftige Bundesregierung unter Regierungsverantwortung unserer CDU/CSU gerecht werden.

Mit freundlichen Grüßen

Heike Brehmer, MdB